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Archiv-Artikel

Ostgrenzen bleiben

Wegen technischer Probleme wird der Schengen-Raum vorerst nicht um die neuen EU-Staaten erweitert

BRÜSSEL taz ■ Wer eine Reise nach Polen, Tschechien oder in ein anderes neues EU-Mitgliedsland plant, muss auch künftig den Personalausweis mitnehmen. Eigentlich sollten im Oktober 2007 die Binnengrenzen nach Osten hin abgeschafft werden. Voraussetzung dafür sollte ein besserer Austausch von Ermittlungsdaten, das „Schengen-Informationssystem zwei“ (SIS II), sein. Gestern teilte die EU-Kommission mit, dessen Einführung sei auf unbestimmte Zeit verschoben.

Die EU-Kommission möchte die Informationssammlung und den Nutzerkreis des SIS deutlich ausweiten. Das macht eine neue Technik und neue rechtliche Grundlagen erforderlich. Unklar ist bisher auch, ob das neue SIS II weiterhin in Straßburg unter der Regie des französischen Innenministeriums angesiedelt sein soll. Ein Sprecher von Innenkommissar Franco Frattini sagte gestern in Brüssel, es gebe „unglaublich komplizierte rechtliche und technische Fragen“, die noch gelöst werden müssten.

Wäre alles nach Plan gelaufen, hätten ab Oktober 2007 Polen, die Slowakei, Ungarn und Slowenien die Aufgabe übernommen, die Außengrenzen der EU zu schützen. Österreich und Deutschland wären zu Binnenländern des so genannten Schengen-Raumes geworden. Der Name geht auf ein Abkommen zurück, das Deutschland, Frankreich und die Benelux-Staaten 1985 im Luxemburger Grenzort Schengen schlossen. Seither traten weitere zehn Länder bei, darunter Norwegen und Island, die nicht zur EU gehören. Seit 1995 sind Grenzkontrollen zwischen den derzeit fünfzehn Mitgliedstaaten des Schengen-Raumes abgeschafft. Stattdessen werden die Außengrenzen streng kontrolliert und Informationen über Asylsuchende oder verschwundene Personen in einem Datenpool in Straßburg gesammelt.

Die vier größten neuen EU-Mitgliedsländer – Polen, Tschechien, Ungarn und die Slowakei – forderten bei einem Treffen vergangene Woche in Bratislava, der Zeitplan für die Erweiterung des Schengen-Raumes müsse eingehalten werden. Zumindest solle die Kommission klarstellen, dass die Probleme nicht an den neuen Außengrenzen der EU entstanden seien, sondern beim SIS. Das räumte die EU-Kommission gestern indirekt ein, als sie den komplizierten Abstimmungsprozess zwischen Technikern, Datenschützern, Regierungen und EU-Parlament für die Verzögerung verantwortlich machte.

DANIELA WEINGÄRTNER