: „In erster Linie Menschen“
AUSSTELLUNG „Vom Nabel der Welt“ greift Lebens- und Migrationsgeschichten von Kindern auf
■ ist Kulturpädagogin bei der Quartier gGmbH und eine der Leiterinnen des Biografie-Projekts.
taz: Frau Siamis, bei der Ausstellung geht es um ästhetische Biografiearbeit – was ist das?
Andrea Siamis: Das ist in der Tat ein abstrakter Begriff. Bei dem Projekt haben sich Kinder gemeinsam mit Künstlern mit ihren Lebensgeschichten beschäftigt, sowohl im Rückblick als auch im Jetzt. Viele der Kinder haben unterschiedliche Herkunftsländer, sind Kinder oder Enkelkinder von Zugewanderten. Es geht also auch um Migrations- und Familiengeschichten.
Was ist herausgekommen?
Ganz unterschiedliche und bunt gemischte Ergebnisse – mitgemacht haben 750 Kinder und zwei Seniorengruppen. Das Thema Migration ist je nach dem Medium der Künstler konkret geworden: in der Fotografie, im Film, in der Malerei. Es gibt zum Beispiel gemalte Ahnengalerien, Globen mit Phantasie-Kontinenten und -Ländern oder gebastelte Overalls, die als Ausrüstung für ein Leben in einem neuen Land dienen sollen.
Welche Bedeutung haben Migration und Integration für die Kinder?
Sie denken gar nicht so sehr in Nationalitäten, sondern sehen sich in erster Linie als Menschen. Wie sie sich ihre Zukunft vorstellen, unterscheidet sich nicht: Die meisten wollen heiraten, die Familie ist ihnen wichtig und ihr Zuhause.
Also spielt die Herkunft für die Kinder keine Rolle?
In Stadtteilen wie Tenever leben Menschen aus über 80 Nationen. Dort sind alle irgendwie fremd, Kontroversen über die Herkunft gibt es dort nicht. Für uns war eine Frage bei dem Projekt, ob sich Vorurteile in den Arbeiten der Kinder bestätigen. Da gibt es aber keine Unterschiede, egal ob ein Kind die Kinderschule besucht oder ein Migrantenkind ist. Die Kinder leben alle in Bremen, hier wollen sie bleiben. Und den Migrantenkindern ist ihr Herkunftsland oft viel ferner als das Leben in Bremen. INT.: THA
Bis 9. 10., Eröffnung heute 15 Uhr, Altes Postamt am Bahnhof