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Archiv-Artikel

GENTECHNIK IN LEBENSMITTELN: ÄMTER ÜBERFORDERT, KONZERNE NERVÖS Wenn ein Sack Reis umfällt

Die Zeiten sind vorbei, in denen es egal war, ob in China oder Arkansas ein Sack Reis umfällt. Denn er könnte aus einem Gen-Labor von Bayer stammen. Fällt er in eine Saatgutcharge, landet er – die Globalisierung macht’s möglich – millionenfach vermehrt auf unseren Tellern. Gesundheitsschädlich? Kann sein, kann nicht sein. Keiner weiß es. Wie es genau passiert ist, weiß man auch noch nicht. Fest steht nur: Es kann täglich wieder passieren.

Bayers LL601-Reis ist nicht das erste illegale Gentechnikprodukt. Erstmals geht es diesmal aber um Lebensmittel. Weil bisher nirgends auf der Welt Gentech-Reis verkauft wird, trifft der Skandal Behörden wie Unternehmen unvorbereitet. Die Lage ist ernst, in Chikago brechen die Reispreise ein, in Tokio und Brüssel herrscht Hektik. Millionen-Klagen von Bauern und Händlern rollen auf Bayer zu.

Verordnungen, Methoden und Verfahren reichen gegenwärtig für eine sichere Einführung der Agro-Biotechnologie nicht aus – diese Aussage stammt nicht von Greenpeace, sondern vom Generalinspekteur des US-Landwirtschaftsministeriums und beschreibt die Sicherheit von 50.000 gentechnischen Freisetzungsversuchen in den USA. Die zuständige Behörde kennt teilweise die Orte nicht, weiß nicht, was mit der Ernte passiert, und bekennt sich unfähig, Auskreuzungen zu unterbinden. Das räumte der Generalinspekteur im Januar selbst ein. Konsequenzen? Fehlanzeige. Kein Wunder, dass die betroffenen Firmen monatelang den brisanten Reisfund verheimlichen. Dann informiert das Ministerium Wochen verspätet den Rest der Welt. Jetzt will es LL601 kurzerhand legalisieren, um den Schaden unter Kontrolle zu bringen. Vertrauen schafft das nicht.

„Liberty Link“ nennt Bayer seinen Gentech-Reis. „Liberty“ ist der Kosename für das hauseigene Pflanzengift Gluphosinat, gegen den der Reis resistent ist. Um solche Chemie zu verkaufen, ist Bayer mittlerweile eines der größten Saatgutunternehmen der Welt. Der zweite Vertriebsname für das Pestizid passt besser. Er heißt schlicht „Basta“. Nehmen wir ihn programmatisch. BENNY HÄRLIN

Der Autor leitet die Saatgutkampagne „Save our seeds“.