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Archiv-Artikel

EnBW leiht sich Kohle für die Ewigkeit

ENERGIE Nicht ganz. Aber der Konzern bekommt Geld, das er erst 2076 zurückzahlen muss. Warum?

Ein Großteil des Geldes komme von ausländischen Investoren

FREIBURG taz | Das dürfte ein Rekord sein: Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) hat in diesen Tagen eine Anleihe mit 62 Jahren Laufzeit am Markt platziert. Nach Angaben des Konzerns stellten nun Investoren dem Unternehmen eine Milliarde Euro bis April 2076 zur Verfügung. Die Verzinsung beläuft sich zum Anfang auf 3,625 Prozent und liegt damit deutlich über dem Zinsniveau am Kapitalmarkt. Nach Auskunft der EnBW wurde die Anleihe binnen weniger Stunden „deutlich überzeichnet“.

Für Privatanleger kommt eine solche Anleihe naturgemäß weniger in Frage, es sei denn, man möchte damit Kindern oder Enkeln Kapital vermachen. „Für institutionelle Anleger, wie Rentenfonds oder Lebensversicherungen kann sie aber attraktiv sein“, sagt Jürgen Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Voraussetzung sei jedoch, dass man zum einen davon ausgehe, dass das Unternehmen im Jahr 2076 noch existiere, und dass man zudem zu der Einschätzung komme, dass die derzeit mageren Zinsen am Markt noch lange anhalten werden

Ein Großteil des Geldes komme von ausländischen Investoren, heißt es bei der EnBW. Für Anlageexperte Kurz liegt das auf der Hand: Pensionsfonds, etwa aus den USA, verfügen über sehr viel Kapital, ebenso wie Staatsfonds von Ölstaaten. Wer sein Portfolio diversifizieren will und langfristige Anlageformen sucht, dem kommt das EnBW-Angebot durchaus gelegen.

Allerdings sei die lange Laufzeit, sagt Kurz, „durchaus ungewöhnlich“. Aus Sicht der EnBW ist die Anleihe sinnvoll. Aufgrund der langen Bindung wird das eingeworbene Geld von den Ratingagenturen zur Hälfte nicht als Schulden gewertet, sondern als Eigenkapital, also als Vermögen. Das verbessert die Kreditwürdigkeit des Unternehmens.

Das ist momentan wichtig. EnBW, fast komplett in Besitz des Landes Baden-Württemberg und von Landkreisen in Oberschwaben, hat 2013 einen mageren Überschuss von gerade mal 50 Millionen Euro gemacht. Angesichts der Marktturbulenzen, denen sich die etablierten Stromkonzerne derzeit ausgesetzt sehen, ist eine bessere Ausstattung mit Eigenkapital für die EnBW der alles entscheidende Aspekt.

BERNWARD JANZING