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Archiv-Artikel

Modellprojekte gegen Heroin und Crystal Meth vor dem Aus

SUCHT Der Drogenbeauftragten fehlen Geld, Personal und Macht. Auch 2014 wird munter weitergekürzt

„Nirgendwo wird stärker gekürzt als in der Drogenprävention“

HARALD TERPE, GRÜNE

BERLIN taz | Die Sucht- und Drogenpolitik der Bundesregierung wird Opfer der Haushaltskonsolidierung: Um 500.000 Euro will die Koalition in diesem Jahr die Ausgaben für Modellprojekte und Forschung zum Suchtmittelmissbrauch kürzen. 2013 standen hierfür noch 3,4 Millionen Euro zur Verfügung. Das geht aus dem Entwurf zum Bundeshaushalt 2014 hervor, der der taz vorliegt. Sinken sollen zudem die Zuschüsse an Verbände – um 160.000 Euro gegenüber 2013 auf künftig 840.000 Euro. Aufgestockt werden bloß die Mittel für Aufklärung: um 300.000 Euro auf künftig 7,5 Millionen Euro.

Was in absoluten Zahlen nach geringen Summen klingt, trifft Forscher und Projekte empfindlich. Denn insgesamt stehen für die Drogenpolitik nur noch 11,2 Millionen Euro zur Verfügung. Zum Vergleich: 2010, kurz nach dem Start der damaligen schwarz-gelben Regierung, waren es noch 13,4 Millionen Euro. Projekte und Studien, etwa zu Alkohol-, Crystal- oder Heroinmissbrauch, sind bedroht. Denn die Bundesmittel sind für sie die einzige Finanzierungsmöglichkeit. In den Ländern existieren keine vergleichbaren Töpfe.

„In keinem anderen Bereich wird so stark gekürzt wie in der Drogenprävention“, schimpft der grüne Abgeordnete Harald Terpe. Auch personell: Der seit Jahresanfang amtierenden Drogenbeauftragten Marlene Mortler (CSU) stehen fünf Mitarbeiter zur Verfügung; ihre Vorgängerin, Mechthild Dyckmans (FDP), hatte neun Beschäftigte. Diese Zahlen nennt das Bundesgesundheitsministerium auf Anfrage der Grünen. Die Gesamtzahl der Planstellen jedoch, beteuert das Ministerium mit Verweis auf Teilzeitregelungen, liege „unverändert“ bei 4,5 Stellen. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Dyckmans verfügte – zusätzlich zum Stellenplan – über zeitlich befristete Mitarbeiter.

Mortler mangelt es nicht nur am Personal: Für die Fachreferate Drogen und Betäubungsmittelrecht etwa fehlt ihr die Weisungsbefugnis; Vorgesetzter ist hier der Abteilungsleiter im Bundesministerium. Und selbst die Fachaufsicht über die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Bereich Drogen und Sucht liegt nicht bei Mortler, sondern beim Ministerium.

Der neuen Drogenbeauftragten indes scheint die eigene Machtlosigkeit wenig auszumachen. Dem agrarpolitischen Fachmedium „top agrar“ verriet die Bundestagsabgeordnete, zugleich Vorsitzende des Arbeitskreises Landwirtschaft der CSU-Landesgruppe, unlängst: „Agrarpolitik bleibt ein Schwerpunkt meiner Tätigkeit.“ Etwa die Hälfte ihrer Arbeitszeit, so Mortler, werde sie diesem Thema widmen. Ob dazu auch Projekte etwa zum Mohn- oder Hopfenanbau zählen, war bis Redaktionsschluss offen. HEIKE HAARHOFF