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Archiv-Artikel

Stumme Anklage

KUNDGEBUNG Heute ist Internationaler Tag gegen Rassismus. Die Initiative „Gesicht Zeigen!“ lief sich gestern schon mal mit einer Protestaktion gegen Asylpolitik vor dem Bundeskanzleramt warm

Von HAK
Unter allen Fotos prangte jeweils nur ein Wort: Mensch

Als kleines Warm-up für den heutigen Internationalen Tag gegen Rassismus demonstrierte die Initiative „Gesicht Zeigen!“ gestern schon mal vor dem Bundeskanzleramt für eine humanere Flüchtlingspolitik. Ihre Botschaft: „Flucht ist kein Verbrechen! Kein Mensch ist illegal!“

In einer stummen Anklage hielten die AktivistInnen große Schwarz-Weiß-Plakate vor sich in die Luft. Darauf abgebildet waren die Silhouetten von acht Personen im Stil eines Verbrecherfotos – und unter allen Bildern prangte jeweils nur ein Wort: Mensch.

Die Plakate sollen stellvertretend für Tausende Flüchtlinge und ihre individuellen Geschichte stehen. In der Diskussion über Asylpolitik werde immer von „den Flüchtlingen“ gesprochen, kritisierte Geschäftsführerin Rebecca Weis. Dadurch finde eine extreme Anonymisierung statt. „Man sieht nicht mehr den einzelnen Menschen.“

Die Initiative richtet sich gegen die „erbarmungslose Flüchtlingspolitik in Europa“ und eine zunehmend aggressiv geführte Diskussion über Zuwanderung in Deutschland. Für viele Menschen sei Flucht der letzte Ausweg, weil in ihren Heimatländern Gewalt, Willkür oder Unterdrückung herrschten.

Statt einer Kriminalisierung forderte Weis deshalb mehr Empathie für Flüchtlinge. „Gerade erst sind wieder Menschen vor Lampedusa ertrunken“, sagte sie. „Es kann nicht sein, dass wir uns in solchen Momenten hinter irgendeinem Abkommen verstecken.“

Die deutsche Asylpolitik sei derzeit nur darauf ausgelegt, sich gegen Flüchtlinge abzuschotten. Mit der Kundgebung vor dem Bundeskanzleramt will „Gesicht Zeigen!“ auf einen Wandel zu „einer wahren Willkommenskultur“ hinwirken.

Seit 2000 organisiert der Verein, der sich für eine weltoffene und tolerante Gesellschaft einsetzt, Veranstaltungen im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus. (s. Infobox) HAK