Hertha schießt sich an die Spitze

Die Berliner gewinnen gegen Schalke 04 mit 2:0. Damit steht der Verein erstmals seit 2001 wieder da, wo ihn niemand vermuten würde – auf Platz 1 der Bundesliga

Wenn die Saison noch jung ist, dann herrscht in der Tabelle ein heilloses Durcheinander. Es ist, als wenn man alphabetisch geordnete Karteikarten durchmischt hätte. So wie dann eventuell der Buchstabe M vor dem H rangiert, so steht nun Mönchengladbach vor Hamburg oder Nürnberg vor München.

Gestern nun ergriff Hertha vor 61.000 Zuschauer die Gelegenheit, das Chaos zu vergrößern. Mit einem Sieg erklommen sie die Tabellenführung. Dort hat sie wirklich niemand erwartet. Schalke dagegen verpasste die gleiche Chance, ganz oben zu stehen.

Zu Beginn der Partie vermittelten jedoch beide Mannschaften nicht den Eindruck, mit aller Macht Tabellenprimus werden zu wollen. Schalke gelang es zumindest, das Berliner Tor ein wenig in Gefahr bringen. Dies geschah zwar vor allem aus der Distanz durch Schüsse von Ernst (3.Minute) und Bajramovic (32.Minute), die Torhüter Fiedler parieren konnte. Doch der neutrale Beobachter war für diese kleine Aufregungen schon dankbar. Bei Hertha lief dagegen nach vorne nichts zusammen. Nach 22 Minuten fing das Berliner Stürmerpaar Pantelic und Gimenez schon an, sich gestenreich über ihr misslungenes Zusammenspiel zu streiten. Gimenez hatte zuvor aus aussichtsloser Position versucht, den Ball aufs Tor zu schießen.

Wenig später machte Gimenez es deutlich besser. Er nutzte kaltschnäuzig die erste ernsthafte Hertha-Chance und schob nach Flanke von Boateng den Ball zur etwas schmeichelhaften Führung ins Tor. Die Stimmung im Olympiastadion war sofort prächtig. Im Hertha-Block wurde sogar in der Halbzeit gejubelt, als der Stadionsprecher unter anderem den fulminanten Einzug der NPD ins Parlament von Mecklenburg-Vorpommern bekannt gab.

Die zweite Halbzeit begann erwartungsgemäß wesentlich lebhafter. Denn nun konnten sich die Berliner aufs Konterspiel verlegen. In Perfektion trugen sie dieses in der 52. Minute vor. Steil und schnell wurde der Ball bis zu Pantelic befördert, der mit dem Außenrist glänzend zu Gimenez weiterleitete. Der Argentinier traf zum 2-0. Nun stimmte auch wieder die Harmonie unter den Sturmpartnern. In der Folgezeit zollten sie sich stetig Beifall.

Die aufgerückten Schalker ermöglichten den Berlinern so manche hübsche Kombination. Doch auch Schalke hätte noch die Gelegenheit gehabt, dem Spiel eine andere Wendung zu geben. In der 62. Minute vergaben kurz hintereinander sowohl Kurany als auch Altintop jeweils freistehend die Chance zum Anschlusstreffer. Vor Spielende gewährt Falko Götz seinem Doppeltorschützen Gimenez dann einen triumphalen Abgang. Unter tosendem Applaus verließ er vorzeitig das Feld.

Das Spiel lieferte folgende Erkenntnis: Hertha musste auf das Tor aus dem Nichts warten, bevor sie überhaupt ins Spiel kommen. Mit Gimenez verfügt Hertha nun neben Pantelic über einen weiteren torgefährlichen Stürmer. Allerdings ließ dieses Spiel auf der Pressetribüne auch eine Frage offen: Wann war Hertha das letzte Mal Tabellenführer der Bundesliga? Zum Glück konnte ein beflissener Hertha-Ordner aushelfen:“ Das muss im Jahr 2001 gewesen sein.“ Johannes Kopp