So geht das nicht, Herr Beck & Herr Wulff

Der neue Politikstil live: Die große Koalition aus CDU und SPD erklärt nichts – außer den Bürger für dumm

Dass der SPD-Vorsitzende Kurt Beck den Stammtischen näher ist als den Elfenbeintürmen, ist kein Geheimnis, höchstens das seines Erfolgs. Dennoch war es bemerkenswert, wie der rheinland-pfälzische Ministerpräsident vergangenen Sonntag in der Sendung „Sabine Christiansen“ mit dem Bürgerrechtler Werner Schulz umsprang.

Der ehemalige Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen mag wegen seiner kritischen Auseinandersetzung mit Schröders Wegwerfen des Wählerauftrags ein Feindbild der SPD sein. An diesem Abend war er aber nicht als politischer Gegner eingeladen. Oder? „Ich hatte die Funktion des ehemaligen Politikers, der jetzt Bürger ist“, sagt Schulz. Es gab ein bisschen Auseinandersetzung über die Gesundheitsreform. Schulz hält sie für ein „Reförmchen“ und eine „Verkomplizierung“.

Er musste sich vom SPD-Chef Beck sagen lassen, er habe „keine Ahnung“, sondern „rede nur daher“. Der danebensitzende Christian Wulff, CDU-Ministerpräsident in Niedersachsen, watschte engagiert mit: „So geht das nicht, Herr Schulz!“ Auch die Schriftstellerin Thea Dorn drang mit ihren Einlassungen nicht wirklich zu den Großkoalitionären vor.

Was passiert hier? Es wird exemplarisch vorgeführt, was eine große Koalition ist und was sie bedeutet. „Die politische Auseinandersetzung ist eingefroren“, sagt Schulz. Wulff (CDU) grinse, denke sich sein Teil und komme dann aber Beck (SPD) zu Hilfe. Und umgekehrt.

Nun ist es auch nicht gesellschaftlich wegweisend, wenn, wie so oft, statt politischer Positionen Versätze ausgetauscht werden. So gesehen könnte eine Auseinandersetzung mit dem Bürger spannend sein – über den Weg, den man gemeinsam gehen will oder soll oder muss. Mit dem Bürger wird nicht diskutiert, es wird ihm aber auch nichts erklärt – außer er selbst für dumm. „Das ist der neue Stil“, sagt Schulz. Beck und Wulff haben eine Übereinkunft darüber, dass sie wissen, wie viel Gutes zum Beispiel in der Gesundheitsreform steckt. Beck attackiert, und Wulff gibt den „gönnerhaften Landesvater“ (Schulz), der den Bürgern lächelnd nahebringt, dass alles viel komplizierter ist, als es in ihr Spatzenhirn reingeht.

Eine große Koalition, das beschwören angesichts des Wahldebakels und der kleinen Machtoption in Mecklenburg-Vorpommern gerade wieder die Strategen der Union, schaffe „stabile Verhältnisse“. Werner Schulz nennt es eine „stabile Lähmung.“

PETER UNFRIED