zeitungen aus katholischen und anderen europäischen ländern über den wirbel um die papst-äußerungen zum islam
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In Rom meint La Repubblica: Das Debakel, in das der Heilige Stuhl nach Regensburg gestürzt ist – ein echtes Waterloo, das den Papst dazu gezwungen hat, sich persönlich und öffentlich zu entschuldigen – ist viel mehr als nur ein Kommunikationsfehler. Das unglückliche Anti-Mohammed-Zitat, das heftige Reaktionen in der islamischen Welt und bittere Empörung bei den gemäßigten europäischen Muslimen ausgelöst hat, hat auch auf drastische Weise den Bruch ans Licht gebracht, den Ratzinger gegenüber der zwei Jahrzehnte lang erfolgreich von Johannes Paul II. verfolgten Strategie begangen hat.

In Amsterdam meint der Volkskrant: Es ist unbegreiflich, dass der Vatikan – im Allgemeinen die Behutsamkeit in Person – nicht erkannt hat, welchen Effekt die Äußerungen des Papstes haben konnten. Hier rächt sich auch, dass Benedikt XVI. seinen Kurs selbst absteckt und keinen Menschen in seiner Nähe hat, der gewagt haben könnte, ihn zu warnen. Sein Vorgänger Johannes Paul II. ging auch völlig seinen eigenen Weg, aber er war in erster Linie ein ausgefuchster Politiker. Ratzinger erweist sich jetzt vor allem als Stubengelehrter.

In London meint der Guardian: Es ist nicht wirklich eine Überraschung, dass Benedikt das Christentum für besser hält als andere Religionen – andernfalls wäre er nicht Papst. Aber das macht ihn nicht zu einem militanten Anti-Muslim.

In Wien schreibt Der Standard: Die im interreligiösen Dialog beliebte These, wonach alle Religionen unterschiedslos in ihrem Kern friedlich und tolerant seien, radikale und gewalttätige Abweichungen gar nicht mehr als Religion bezeichnet werden dürften, ist irreführend und verhindert gerade eine kritische Auseinandersetzung mit der allen Religionen eigentümlichen, jedoch sehr unterschiedlich ausgeprägten Ambivalenz im Umgang mit der Gewalt. Mohammed selbst wandte – erfolgreich – Gewalt an, um seinen Glauben auszubreiten. Das unterscheidet ihn nun einmal von Jesus von Nazareth und dessen Praxis der gewaltlosen Liebe.

In Frankreich schreibt La Croix: Man muss die Ernsthaftigkeit zur Kenntnis nehmen, mit der der Papst sich betrübt gezeigt hat. Aber auch seinen Willen, einen Dialog zu führen mit einer Forderung, die er immer wieder wiederholt hat: dass ein solcher Austausch voraussetzt, dass jeder klar seine Identität ausdrückt und die des anderen akzeptiert.

In Rom kommentiert Il Messaggero: Der Dialog wird also weitergehen. Und wenn es zum offenen Streit kommt, dann wird dieser sicherlich nicht von einer katholischen Kirche angezettelt, die heute hauptsächlich damit beschäftigt ist, gegen die Religionslosigkeit der säkularisierten Gesellschaft zu kämpfen.