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Archiv-Artikel

Schweden stimmen für Machtwechsel

Bei den Parlamentswahlen erringen die konservativen „Moderaten“ mit 48 Prozent der Stimmen eine Mehrheit der Mandate. Die Sozialdemokraten müssen eine historische Niederlage einstecken. Deren Chef Göran Persson kündigt seinen Rücktritt an

AUS STOCKHOLMREINHARD WOLFF

„Wir haben gewonnen, weil uns Menschen gewählt haben, die sich vorher nie vorstellen konnten, unsere Partei zu wählen.“ Fredrik Reinfeldt, Vorsitzender der konservativen „Moderaten“, brachte es mit diesem Satz in der Wahlnacht auf den Punkt, warum er Anfang Oktober voraussichtlich neuer schwedischer Ministerpräsident werden wird. Sozialdemokratische StammwählerInnen hatten in beispielloser Zahl direkt die Seiten gewechselt.

Jeder Zehnte, der diesmal die Moderaten wählte, hatte bei der letzten Wahl noch für die Sozialdemokraten gestimmt. Die Moderaten errangen damit ihr bestes Wahlergebnis seit 1928. Die von Oppositionsführer Reinfeldt geführte „Allianz“ aus vier Parteien des rechten politischen Flügels – Moderate, Christdemokraten, Volkspartei und Zentrum – kam zusammen auf 48,1 Prozent der Stimmen. Das entspricht mit 178 von 349 Parlamentssitzen einer Mehrheit von 7 Sitzen gegenüber der bisherigen Regierung aus Sozialdemokraten, Linkspartei und Grünen. Von diesen Parteien konnten allein die Grünen ihren Stimmenanteil um 0,6 Prozent auf 5,2 Prozent erhöhen und errangen in Stockholm beinahe ein zweistelliges Resultat.

Für die Sozialdemokraten bedeutet das Ergebnis vom Sonntag eine historische Niederlage. Für ein schlechteres Resultat muss man bis 1914 zurückgehen. Ihr Vorsitzender Göran Persson zog noch in der Wahlnacht die Konsequenzen und kündigte seinen Rücktritt zum nächsten Parteitag im März 2007 an. Er bereite sich auf eine Zukunft als Großbauer vor: 53 Hektar Land und eine Anzahl von renovierungsbedürftigen Häusern warteten auf ihn, erklärte er.

In seiner Partei begann unmittelbar eine Nachfolgediskussion. Vor allem von der Parteibasis kommt schon lange der Wunsch nach einer Frau in diesem Amt. Mehrere Parteidistrikte brachten die EU-Kommissionärin Margot Wallström ins Gespräch.

Erste Analysen machten sowohl die Unzufriedenheit mit der Politik der Sozialdemokraten, wie die Tatsache, dass es erstmals eine „akzeptable“ Alternative für viele ihrer StammwählerInnen gab, für das Resultat verantwortlich. Enttäuschte Sozialdemokraten verließen ihre Partei früher nach links hin zur exkommunistischen Linkspartei oder enthielten sich der Stimme. Diesmal stieg die Wahlbeteiligung leicht auf 80,4 Prozent an.

Es gab im rechten Parteienspektrum eine Partei, die sich als „neue Arbeiterpartei“ präsentierte. Und diese „neuen Moderaten“ führten eine alternative Regierungsallianz an, die versprach Arbeitsplätze zu schaffen und gleichzeitig den Sozialstaat in seinen Grundfesten nicht in Frage stellen zu wollen.

Auf Regierungsseite waren die Moderaten mit einem Plus von 10,7 Prozent die Gewinner. Sie profitierten außer von ehemals sozialdemokratischen WählerInnen vor allem von einem Einbruch der liberalen Volkspartei, die ihren Stimmenanteil auf 7,5 Prozent halbierte.

Sowohl die neue Frauenpartei „Feministische Initiative“ als auch die EU-kritische „Juniliste“ verfehlten die 4-Prozent-Klausel. An ihr scheiterte auch die neu gegründete „Piratenpartei“, die für freies Kopieren von Musik und Filmen im Internet eintritt. Dieser Partei wäre jedoch, hätten ausschließlich ErstwählerInnen zu bestimmen gehabt, der Einzug ins Parlament gelungen.

Auf einen Stimmenanteil von 2 Prozent kamen die rechtsextremen „Schwedendemokraten“. Diese ausländerfeindliche Partei erzielte bei den gleichzeitig stattfindenden Kommunalwahlen und hier vor allem in der südlichen Provinz Schonen aber weit bessere Ergebnisse. In der Stadt Landskrona kam sie auf 22 Prozent und wurde drittstärkste Kraft, in Karlskrona kam sie auf fast 10 Prozent und sitzt jetzt auch im Stadtrat von Schwedens drittgrößter Stadt Malmö.

Keinen guten Ausgang für die Wölfe hatten im Übrigen die in verschiedenen ländlichen Gegenden abgehaltenen Volksabstimmungen. Klare Mehrheiten sprachen sich für ein weitergehendes Jagdrecht aus.

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