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Archiv-Artikel

Unsportliches Verhalten

Das Amtsgericht spricht eine Lehrerin aus Wellingsbüttel vom Vorwurf frei, zwei Schüler zur Strafe an Kleiderhaken aufgehängt zu haben. Die Lehrerin spricht von einer Mobbingkampagne durch Eltern

VON ELKE SPANNER

Der Grat zwischen zulässiger Strafe und Misshandlung ist manchmal schmal. Die Lehrerin Helga Z. ist dafür bekannt, bestimmt aufzutreten, aber gerecht zu sein. Und doch war das Kollegium der Peter-Petersen-Gesamtschule in Wellingsbüttel dem Verdacht ausgesetzt, eine Lehrerin zu schützen, die in einer Situation im Sportunterricht der 7. Klasse vorigen September zu weit gegangen sein soll.

Sie soll Tim und Christian, 12 und 13 Jahre alt, nach einer Auseinandersetzung an Kleiderhaken aufgehängt haben. Das behaupteten die Schüler – und die Staatsanwaltschaft hat die Lehrerin wegen Freiheitsberaubung und Körperverletzung im Amt angeklagt. Das Amtsgericht Barmbek aber glaubte dieser Beschuldigung nicht. Es sprach die Lehrerin gestern von allen Vorwürfen frei.

Außer Frage steht, dass sich im September 2005 eine Situation ereignete, die sich alle Seiten besser erspart hätten. Tim und Christian haben herumgealbert. Als sie beim Fußball in gegnerische Mannschaften gewählt wurden, protestierten sie und umwickelten sich gemeinsam mit dem bunten Band, das die Teamzugehörigkeit kennzeichnet.

Erst hat auch Helga Z. noch darüber gelacht. Doch als die beiden sich allen Ermahnungen widersetzten, kippte die Situation um: Die Lehrerin führte die beiden fort in die Umkleidekabine, wo sie nach eigenem Bekunden nur scherzhaft angedroht haben will, die renitenten Jungs an Haken aufzuhängen.

Die hingegen behaupteten, mindestens eine Minute gehangen zu haben. Er hätte sich mit den Zehenspitzen abfangen müssen, schilderte Christian vor Gericht, „um noch Luft zu bekommen“.

Das Lehrerkollegium der Peter-Petersen-Schule stand schon vor dem Freispruch geschlossen hinter Helga Z. Niemand wollte glauben, dass die 55-Jährige so etwas getan haben soll, und die Vorgeschichte hat die Version einer falschen Beschuldigungen glaubhaft gemacht.

Die Eltern der beiden Jungen, die den Fall zur Anzeige brachten, haben den Aussagen einer Fachlehrerin zufolge vor Jahren „schon einmal an der Grundschule versucht, eine Lehrerin abzusägen“. Helga Z. selber sprach von einer gezielten Kampagne von Eltern.

Denn die betroffenen Schüler selbst hatten die vermeintliche Situation nicht als Problem erlebt. Doch jetzt berichtet Christian sogar von Schmerzen, die ihm das Aufhängen bereitet haben soll. Damals aber haben die beiden niemandem von dem Vorfall erzählt – auch den Eltern nicht. Erst ein halbes Jahr später kursierte an der Gesamtschule plötzlich ein entsprechendes Gerücht. Ein Elternpaar ging zur Polizei.

Ihren Söhnen haben sie damit nicht unbedingt einen Gefallen getan. Helga Z. ist auch unter den Schülern beliebt. Dass Tim und Christian sie vor Gericht brachten, hat ihnen keine Freunde beschert. Sie hätten seither „nicht mehr so viel miteinander zu tun“, formuliert es Klassensprecherin Simone vorsichtig. Ausgestanden ist die Sache auch nach Abschluss des Prozesses nicht. Schon heute werden sich alle Beteiligten in der 7. Klasse der Gesamtschule wieder gegenüberstehen.

Helga Z. ist nach wie vor die Klassenlehrerin von Christian und Tim.