: Glückwunsch, Moppelkotze!
Das Bezaubernde ist: Sie haben ja nur reagiert. Zum Beispiel auf die Debatte nach der letzten Bundestagswahl, wie eine große Koalition im Land aussehen könnte. Damals zeigte Extra Drei einen wahnwitzigen Dr. Mabuse, der an einem fies entstellten Homunculus auf einer Liege rumbastelt. Das Monster hatte die Gesichtszüge von Andrea Merkel, sprach wie Edmund Stoiber und Dr. Mabuses Assistent fragt: „Wo ist das Herz?“ – „Das Herz ist links.“ – „Nein Chef, da ist nichts!“
Oder die Geschichte mit den Turniertänzern Anfang der 90er: Extra Drei kündigte an, die „erschreckende Realität des Sex-Geschäfts“ zu enthüllen und kombinierte Filmmaterial über die Schließung der Hamburger Eros-Bühne Salambo mit Bildern von einem braven Tanzturnier. Das „schamlose Treiben“ sollte so offenkundig werden – was die Turniertänzer gar nicht lustig fanden. Sie verklagten den NDR, der seine Hausjuristen aktivierte. Und gute Karten hatten: Satire darf viel. Zum Glück.
Wobei Extra Drei immer dann am Besten ist, wenn die Satire aus der Realität heraus entsteht. Das passiert bei den Politiker-Interviews im Studio oder bei Alfons, dem Franzosen, der mit seinem Puschelmikrofon aberwitzige Straßenumfragen macht. Alfons: „Was, glauben Sie, at Fronkreisch eigntlisch beigètragèn sur civilisation?“ Alte Dame: „Ääähh, lassen Sie mich überlegen. Das hat Deutschland alles selbst gemacht, meine ich.“
Extra Drei lotet aus, wo der Alltag seine Ränder hat – darin besteht der Reiz des Magazins. Das hat dann durchaus aufklärerischen Charakter: Wie schräg von der Seite lässt sich ein Politiker befragen und vor allem: Was macht er dann? Welche kruden Antworten kann man auf der Straße bekommen auf eine Frage wie: „Was hätten sie lieber: eine Demokratie oder eine Diktatur?“ Und wie umfangreich ist das NDR-Bilderarchiv, wenn der Klaus im Stil der Sendung mit der Maus die Welt erklärt und dabei standardmäßig das Wort „Moppelkotze“ verwendet? Man darf staunen bei Extra Drei. Was keine schlechte Beschäftigung ist für Donnerstags um 23 Uhr.
Aber als Stamm-Gucker kann man sich auch langweilen. Klaus, Alfons, die Puschel, all das sind Rubriken und Charaktere, die sich im Lauf der Zeit auserzählen. Die Archivaufnahmen bei Klaus wiederholen sich, die Masche von Alfons ist längst durchschaut, und damit sinkt der Unterhaltungswert. Nur noch die wirklich guten Ausgaben kicken dann. Die durchschnittlichen plätschern vorbei – was gerade in ereignisarmen Zeiten häufig vorkommen kann.
Trotzdem ist Extra Drei wertvoll. „Extra Drei hat das Chaos ins deutsche Fernsehen gebracht“, sagt Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust, der in den 1970er Jahren beim NDR auch für die Sendung arbeitete. In der ersten Extra Drei-Studiokulisse saß Dieter Kronzucker und moderierte. 1978 gründete Kronzucker im ZDF das heute-Journal und ist heute Professor für Fernsehjournalismus in München.
Quotenmäßig erreichte Extra Drei im zweiten Halbjahr 2006 einen Marktanteil von 5,1 Prozent, im Jahr 2001 waren es durchschnittlich 6,3 Prozent. Man hat sich also stabilisiert, nachdem das Magazin in den 1990ern lange nur bei zwei bis drei Prozent gelegen hatte. Und heute sollte man feiern. Grund dazu gibt es zweifellos genug, jenseits der Quote. Klaus Irler
Jubiläumssendung: Heute um 23 Uhr im NDR. Ab 0.00 Uhr im NDR: Die lange Extra Drei-Nacht