Angst, Rummel und ein alter Hase

BUCHMESSERN 3 Um die Zukunft des Journalismus wird auf der Frankfurter Buchmesse viel Wind gemacht. Elektronische Gadgets finden eher wenig Beachtung

Man muss lange suchen, um jemand zu finden, der die „Frankfurter Rundschau“ auf iPad liest

Einige von ihnen schreiben jetzt Belletristik, andere kämpfen um ihre Anstellung, wieder andere setzen voll auf online. Aber was soll bloß aus ihm werden?

Die Zukunft des Journalismus ist auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse ein fast so wichtiges Thema wie die Bekanntgabe der Buch- und Nobelpreisträger. Nicht nur Medienforscher wie Bernhard Pörksen oder Fachverlage wie der von Herbert von Harlem, selbst der Chefredakteur der Jungen Freiheit stellt mal kurz seine Sorge um das bedrohte deutsche Volk zurück und redet über seinen bedrohten Berufsstand. Überall auf dem Messegelände gibt es Veranstaltungen, die sich – mal apokalyptisch, mal euphorisch, aber immer mit Anteilnahme – dem Thema widmen.

Da wären beispielsweise der mit großem Tamtam angekündigte Autor Tom Rachman und sein Buch „Die Unperfekten“. Der kanadisch-britische Debütant ist Aussteiger. Lange Jahre arbeitete er als Korrespondent für die Nachrichtenagentur AP. In „Die Unperfekten“ erzählt Rachman in mehreren Kurzgeschichten den Werde- und Niedergang einer in den 1950ern gegründeten internationalen Tageszeitung mit Sitz in Rom. Der bunte, so liebens- wie merkwürdige Haufen von Journalisten, deren Schrullen und Abenteuer Rachman darstellt, habe Brad Pitt so begeistert, dass er sich schon die Filmrechte gesichert hat. Die zahlreichen Lesungen und Buchvorstellungen von Rachman sind in Frankfurt ein echter Publikumsmagnet. Und Journalisten müssen lange anstehen, um ihren erfolgreichen Ex-Kollegen zu interviewen. Doch die große Aufmerksamkeit, die Rachman in Frankfurt zuteilwird, ist wohl eher dem Thema des Buchs geschuldet als seiner literarischen Brillanz. „Die Unperfekten“, so der Tenor fast aller Rezensionen, ist bedauerlicherweise kein erzählerisches Meisterwerk. Es verschenkt ein Thema, für das es selten so viel Aufmerksamkeit gab.

Der Abgesang auf die Branche trifft allerdings bei der Buchmesse auf den unübersehbaren Hype um iPad. Messe-Co-Direktor Jürgen Boos hatte angekündigt, dieses Jahr werde das Multimediale eine zentrale Rolle spielen. Doch man muss lange suchen, um außerhalb der „sparks“ – fünf Orte auf der Messe, an denen all jene Firmen ausstellen, die keine Bücher verkaufen, sondern eReader, Multimedia-Tablets oder Appdesigns – irgendjemanden zu finden, der tatsächlich die Frankfurter Rundschau auf dem iPad liest. Mit einer wirklich erfreulichen Neuigkeit in Sachen Journalismus wartete Claude Lanzmann auf. Der Résistance-Kämpfer, Regisseur und Herausgeber von Les Temps Modernes stellte in Frankfurt seine im September erschienene Autobiografie „Der patagonische Hase“ vor. Im nächsten Jahr, so kündigte er an, werde er seine gesamte journalistische Arbeit editieren. Das Buch mit Lanzmanns gesammelten Zeitungsartikeln soll es auf die stolze Zahl von 400 Seiten bringen. DORIS AKRAP