: Der „Super-GAUl“ galoppiert gegen Atomkraft
PROTESTE 8.000 Menschen demonstrieren allein in Hannover. Bundesweite Proteste auch in sieben weiteren Städten
GÖTTINGEN taz | Gegen die Deckelung der Energiewende, gegen Atomkraft, gegen Fracking – mit diesen Forderungen sind am Samstag Tausende auf die Straße gegangen. In acht deutschen Städten gab es Demonstrationen, insgesamt 30.000 Teilnehmer zählten die Organisatoren, ein Bündnis aus Umweltverbänden, Bürgerinitiativen und Ökostromanbietern.
Rund 8.000 Menschen haben sich allein bei der größten Demo des Tages auf dem Opernplatz in Hannover versammelt. Dort steht auch der „Super-GAUl“. Das mehr als fünf Meter hohe Pferdegerippe mit Gasmaske ist eine Anspielung auf das Ross im niedersächsischen Landeswappen. Andere Aktivisten haben ein geflicktes Riesen-AKW dabei. Sie wollen zeigen, dass ein grundlegender Wechsel in der Atompolitik auch drei Jahre nach Beginn der Fukushima-Katastrophe auf sich warten lässt. Landwirte aus dem Wendland und anderen Regionen mit Atomkraftwerken und -mülllagern sind mit 40 Traktoren angereist.
Über dem fast einen Kilometer langen Zug wehen Luftballons der Grünen und Fahnen der Linken. Bei der Kundgebung dürfen Parteienvertreter aber nicht sprechen. Jochen Stay von der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt drängt in seiner Rede auf einen Atomausstieg noch vor dem angepeilten Termin 2022. Wer behaupte, die Energiewende sei zu teuer, wolle doch nur weiter seinen Reibach mit schmutzigen Kraftwerken machen und verschweige die Kosten von Klimakatastrophe und Atommüll-Desaster.
In Düsseldorf geht der Naturfreunde-Vorsitzende und Ex-Umweltstaatssekretär Michael Müller mit der Politik seines früheren Chefs Sigmar Gabriel ins Gericht. Was derzeit in Deutschland stattfinde, habe mit einer sozial-ökologischen Energiewende schlicht nichts zu tun, so Müller. „Energiewende heißt, den Ausbau der erneuerbaren Energien fördern, statt Windenergie und Photovoltaik zu deckeln.“ Auch der „Klimakiller Kohle“ dürfe keine Zukunft haben.“
Der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger, fordert in Wiesbaden, die Bundesregierung dürfe mit ihren Plänen zur Deckelung der Windkraft an Land und der Photovoltaik nicht durchkommen. Denn dies bedrohe direkt die vor allem von Genossenschaften und Bürgerwindparks getragene Energiewende.
In Freiburg kritisiert die Gründerin der Elektrizitätswerke Schönau, Ursula Sladek, dass die Planungen der Bundesregierung zur Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) die Bürger ausschlössen. Diese seien jedoch bisher der Motor der Energiewende gewesen.
Für den 10. Mai kündigten die Verbände eine weitere Großdemonstration in Berlin an. Dabei ist auch ein Kanu-Korso auf der Spree geplant. REIMAR PAUL