: Nur mal schnell den SUV in den Weg gestellt
KAMPAGNE Umwelt- und Radfahraktivisten zählen Radspur-Blockierer in Charlottenburg. Im Rahmen der Aktion „Radspuren frei!“ kann ab sofort jeder die Falschparker auf einer Website melden
Der graue Himmel spiegelt sich im tiefschwarzen Lack des Porsches, der über die Schlüterstraße rollt, um mit schmatzenden Reifen in eine Parklücke vor dem Edelrestaurant Lutter & Wegner zu stoßen. Darin einer mit Gelfrisur – und Handy am Ohr.
Die drei Polizisten an der Ecke Mommsenstraße haben den kleinen Regelverstoß nicht gesehen, ihr Augenmerk gilt am Montagvormittag etwas anderem: Autofahrern, die in zweiter Reihe halten oder sogar parken – auf der Radspur. Mit den Kollegen vom Ordnungsamt unterstützen sie den Start der Kampagne „Radspuren frei!“ von ADFC und BUND. Zwei Dutzend Aktive zählen zwischen Ku’damm und Kantstraße die Blockierer.
Das Problem der Fahrradlobbyisten: Die von ihnen empfohlenen Radspuren sind eigentlich sicherer als hinter parkenden Autos versteckte Radwege. Nur machen Falschparker den Vorteil zunichte. „Es entstehen ständig gefährliche Situationen“, sagt BUNDler Tilo Schütz. „Viele Eltern lassen ihre Kinder deshalb nicht auf der Radspur zur Schule fahren.“
Deshalb werden nun Verstöße auf einer Website gesammelt: Jeder kann Falschparker verpfeifen und passende Fotos hochladen. Bevor die Ergebnisse an die Politik gehen, werden die Nummernschilder unkenntlich gemacht, erklärt Martin Schlegel, BUND-Referent für Verkehrspolitik: „Wir wollen keine konkreten Fahrer denunzieren, sondern das Problembewusstsein schärfen.“
Heute bloß ein Rüffel
Die Zählenden haben gut zu tun: Während eine Frau ihren Smart auf der Radspur abstellt und in die Apotheke marschiert, macht gegenüber ein Land Rover die Spur dicht. Die Wagen vom Ordnungsamt rollen an. Die Apothekenkundin wird belehrt, ebenso der SUV-Fahrer, der aus einem Modeladen geeilt kommt. Heute bleibt es bei einem Rüffel.
ADFC-Chefin Eva-Maria Scheel erwehrt sich derweil eines Mannes in teurer Lederjacke. „Radfahrer halten sich an keine rote Ampel! Und zahlen Sie Steuern für die Straßenbenutzung? Machen Sie sich mal locker!“, wütet er reichlich unlocker.
Bilanz nach einer Stunde: 75 Blockierer – 30 Lieferwagen, der Rest Private. Es gibt einiges zu tun an der Bewusstseinsfront. CLP