Skepsis beim Smash

Björn Joppien, Deutschlands bester Badmintonspieler, ist bei der WM in Madrid chancenlos, wie so viele Europäer

BERLIN/MADRID taz ■ Er hatte schon bei der Auslosung Pech gehabt. Und dann auch noch dieser fiese Wind in der Halle. Bis zum 10:10 hat er gut mithalten können, aber nach der Coaching-Pause zwingt ihm der Gegner sein Spiel auf. Es steht 14:20. Noch ein Ballwechsel und die Weltmeisterschaft ist für Björn Joppien beendet. Das Aus kommt für Deutschlands besten Badmintonspieler bereits in Runde zwei. 18:21, 14:21 gegen Chong Wei Lee aus Malaysia, den Weltranglisten-Ersten.

Gegen Lee kann man verlieren, denkt sich Joppien, als er den Platz verlässt. Er ist nicht unzufrieden mit seiner Leistung hier in Madrid. Immerhin wurde er von Lee nicht wie im vergangenen Jahr „abgeschossen“. Und in der ersten Runde hatte er den zuletzt starken Kendrick Lee aus Singapur besiegt.

Joppien sagt, er habe „das Beste rausgeholt“. Bei etwas Lospech reicht das derzeit eben nur für die zweite Runde. Dabei trainiert die deutsche Nummer eins hart und viel und von Kindesbeinen an unter asiatischer Anleitung.

Doch gegen die Übermacht aus Fernost ist Joppien, der Rheinländer, chancenlos. „Die Asiaten werden auch diese WM dominieren“, sagt er. Mancher Experte begründet dies mit der „Typ-These“. Demnach seien die kleineren und wendigeren Asiaten gegenüber den größeren, unbeweglicheren Europäern klar im Vorteil. Joppien hält das für Unsinn und verweist auf die Dänen, die dauerhaft in der Weltspitze mitspielen – und damit die absolute Ausnahme sind.

Selbstbewusste Dänen

„Die haben halt eine sehr gute Trainingsgruppe. Aber was noch viel wichtiger ist: Die Dänen sind grenzenlos selbstbewusst und ziehen ihr Ding ganz locker durch“, weiß Joppien. Während sich junge Asiaten die Selbstsicherheit erst durch Erfolge erspielen müssen, liegt sie den Nordeuropäern quasi im Blut.

Und die Deutschen? Für Joppien sind sie „von ihrem Wesen her einfach zu skeptisch, suchen immer das Negative“. Im Psycho-Sport Badminton ist das fatal.

Deutsche Schwermut und dänisches Selbstbewusstsein allein reichen aber nicht aus, um die globalen Kräfteverhältnisse im Badminton zu beschreiben. In Südostasien ist das Spiel mit dem Federball der Volkssport Nummer eins. Der Pool für potenzielle Talente ist riesig, das gigantische öffentliche Interesse sorgt für wesentlich bessere finanzielle Rahmenbedingungen als in Europa. In Deutschland etwa wird Badminton von den Medien weitgehend ignoriert.

Von der Weltmeisterschaft in Madrid wird das Fernsehen frühestens ab dem Viertelfinale berichten. Aber anstatt sich über das mangelnde Interesse zu ärgern, sagt Joppien einfach: „Ist doch klar, dass die keine Erstrundenspiele zeigen.“

Streit mit dem Coach

So ist es schwer, neue Sponsoren zu finden. Und die braucht Joppien. Am 31. Oktober scheidet er aus der Sportförderkompanie der Bundeswehr aus, nach einem Streit unterstützt ihn der Deutsche Badminton-Verband finanziell nur noch bei Wettkämpfen des Nationalkaders wie Welt- und Europameisterschaften, nicht aber bei anderen Turnieren. Der Hintergrund: Bundestrainer Detlef Poste wollte die seit zwei Jahren andauernde Leistungsstagnation Joppiens durch einen Wechsel des Trainingsortes beenden. So sollte der sechsfache Deutsche Meister künftig am Olympiastützpunkt in Saarbrücken und nicht mehr in seinem Heimatort Langenfeld trainieren. Joppien entschied sich für das gewohnte Umfeld mit Trainer Xu Yan Wang. Es sei wichtig, dort zu trainieren, wo man sich wohlfühlt, sagt Joppien. Dafür nimmt er finanzielle Abstriche in Kauf. Der Vertrag mit einem Ausrüster läuft noch bis Oktober 2008. So lange, hat Joppien durchgerechnet, kann er spielen. Seine Motivation ist ohnehin ungebrochen. Er will zurück nach oben, zurück in die Top Ten. Im November 2002 lag er auf Platz sieben der Weltrangliste. Derzeit steht vor seinem Namen die 22. So könne er nicht abtreten, sagt Joppien, er wolle „denen schon noch mal zeigen, wo der Hammer hängt“.

Der 25-Jährige setzt dabei auch auf den Faktor Zeit. Spieler wie der Däne Kenneth Jonasson seien jahrelang auch nur Mittelmaß gewesen und erst mit 27, 28 Jahren in die Weltspitze aufgestiegen. Für Björn Joppien geht es also erst in zwei Jahren richtig los. LARS JESCHONNEK