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Archiv-Artikel

Schädliches Wachstum der Fluglinien

Billigflieger starten häufig aus NRW, weil sie im Land hoch subventioniert werden. Hintergründe und Folgen

Abgase: Das Projekt Atmosfair in Bonn, das unter anderem von der Entwicklungsorganisation Germanwatch getragen wird, schätzt den Anteil des Flugverkehrs am klimaschädlichen Treibhauseffekt auf neun Prozent. Dafür ist nicht nur das Gas Kohlendioxid (CO2) verantwortlich. Weitere Flugzeugabgase sind etwa Stickoxide oder Kondensstreifen. Sie erzeugen Ozon, das die Wärmestrahlen der Erde in der Atmosphäre reflektiert.

Eine Kerosinsteuer würde Sinn machen, um die Fluggesellschaften für die Klimaschäden zahlen zu lassen. Die Abgabe ist zurzeit aber schwer umzusetzen. Laut Werner Reh, Verkehrsreferent beim Bund für Umwelt- und Naturschutz, gibt es weltweit über hundert Verträge, die das Kerosin von Steuern befreien, um den Flugverkehr zu fördern. Eine andere Möglichkeit wäre die Einbeziehung des Flugverkehrs in den Emissionshandel, der in Deutschland 2005 eingeführt wurde. Wenn auch die Flugzeugbetreiber so genannte Emissionszertifikate kaufen müssten, wären sie gezwungen, sparsamer zu werden und weniger zu fliegen, so die Vermutung. Diese Idee wird momentan in der Europäischen Union diskutiert.

Billig-Fliegen: NRW ist das Land der „Billig-Fluglinien“: Aus Weeze startet Ryanair, easyJet bedient unter anderem die Flughäfen Dortmund, Köln/Bonn und Maastricht-Aachen, Air Berlin fliegt beispielsweise von Paderborn, Münster oder Düsseldorf. Experten sehen den Grund für deren Erfolg in den relativ niedrigen Kosten der Betreiber im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern wie dem Auto. An der Tankstelle wird etwa eine Ökologie-Abgabe fällig.

Die Fluglinien zahlen an den regionalen Standorten außerdem meist sehr geringe Landegebühren, etwa weil die Kommunen ihre Flughäfen hoch subventionieren. Die PolitikerInnen begreifen das als Standortvorteil, den sie sich viel kosten lassen. Die Deutsche Bank errechnete in einer Untersuchung Ende vergangenen Jahres, dass die Subventionen vor allem für Kleinflughäfen sehr hoch sind. Durchschnittlich bekämen sie 3,30 Euro Betriebssubventionen und 5,90 Euro Investitionshilfen pro Passagier.

Den Unternehmen geht es daher prächtig, die Passagierzahlen wachsen teilweise im zweistelligen Bereich. Beförderte Ryanair etwa im Jahr 2000 noch rund fünf Millionen Passagiere, sind es nach Unternehmensangaben dieses Jahr über 30 Millionen. Laut der Unternehmensberatung Mercer Management Consulting werden die Billigflieger ihren europäischen Marktanteil auf 33 Prozent im Jahr 2010 erhöhen.

CO2-Schleudern: Weil sich die Flugzeuge mit Flughöhen von etwa zehn Kilometern in einer sehr empfindlichen Schicht der Atmosphäre, der so genannten Tropopause, bewegen, sind ihre Abgase besonders schädlich. Laut Greenpeace ist die Klimabelastung pro Person auf 100 Kilometern Strecke bei dem Flugzeugtyp Boeing 747 bis zu zweieinhalb Mal so hoch wie bei einem PKW.

Emissionsrechner: Das Umweltschutzprojekt Atmosfair bietet online einen Emissionsrechner an, mit dem Interessierte ermitteln können, wie viel Kohlendioxid für sie bei einem Flug anfällt. Wie das Programm offenbart, produzieren schon Flugreisen in Europa annähernd die gleiche Menge klimaschädliches Gas, wie bei der jährlichen Nutzung eines Mittelklassewagens entsteht (2000 kg). Hier drei Beispiele (www.atmosfair.de):

Strecke Dortmund-Mallorca: 1.680 kg CO2 pro Person, Hin- und Rückflug

Strecke Düsseldorf-Rhodos: 1.100 kg CO2 pro Person, Hin- und Rückflug

Strecke Köln-Berlin: 160 kg CO2 pro Person, Hin- und Rückflug

MORITZ SCHRÖDER