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Archiv-Artikel

Mediales Lobkonfetti

REAKTIONEN Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird von allen Seiten gelobt. Es gibt nur einen lauten Kritiker

BERLIN taz/dpa/epd | Wahrscheinlich glüht der Kopf von Kurt Beck noch immer vor Verzückung. Der ZDF-Verwaltungsratsvorsitzende und ehemalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz hat gewonnen: „Das Urteil aus Karlsruhe stärkt die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland“, verkündete der SPD-Mann stolz. „Dabei finden sich die Grundstrukturen des Normenkontrollantrags in der Entscheidung wieder.“ Seines Antrags. Er war einer der Initiatoren der Klage.

Beck war gestern nicht der Einzige, der sich freute. Es gab mediales Lobkonfetti aus allen Rohren. Mit dabei: Der ehemalige Chefredakteur Nikolaus Brender, der als Zuschauer in den Karlsruher Gerichtssaal gekommen war. Vor fünf Jahren hatte sich an seiner verhinderten Wiederwahl die Causa entsponnen. Jetzt strahlte er: „Die Auseinandersetzungen um meinen Fall haben sich gelohnt.“ Das Urteil zeige die Grenzen politischen Einflusses auf und sichere die Unabhängigkeit des Journalismus in den öffentlich-rechtlichen Anstalten.

Auch der Deutsche Journalistenverband begrüßte das Urteil: „Es ist wichtig, dass Politiker nicht in die Arbeit von Journalisten reinregieren dürfen“, sagte der Sprecher Hendrik Zörner. Aufsichtsgremien dürften nicht in die Personalautonomie der Sender eingreifen.

Der Intendant des ZDF, Thomas Bellut, kündigte an, „die anstehenden Beratungen der Länder zu den erforderlichen Anpassungen des ZDF-Staatsvertrags konstruktiv begleiten“ zu wollen. Damit stellte Bellut klar: Der Schwarze Peter liegt bei den Bundesländern.

„Schlappe für CDU“, verbreitete Volker Beck, innenpolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion über den Kurznachrichtendienst Twitter – eine Anspielung auf den sogenannten Schwarzen Freundeskreis in den ZDF-Gremien und seinen ehemaligen Anführer Roland Koch.

Der Vorsitzende des ZDF-Fernsehrats, der CDU-Politiker Ruprecht Polenz, forderte angesichts des Urteils auch die Landesrundfunkgesetze zu überprüfen, in denen die Arbeit der ARD-Anstalten geregelt wird. Deren Vorsitzender Lutz Marmor betonte jedoch, dass die Regelungen je nach Bundesland unterschiedlich seien und einzeln geprüft werden müssten.

Am Ende scheint das Urteil lediglich einen lauten Kritiker zu haben: Bundesverfassungsrichter Andreas Paulus schloss sich der Entscheidung seiner sieben Kollegen nicht an. Sie ging ihm nicht weit genug. LAN-NA GROSSE