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Archiv-Artikel

KOMMENTAR VON HEIKO WERNING ÜBER DEN HIESIGEN ZUSTAND VON FLORA UND FAUNA Immer diese Juchtenkäfer-Kuschler

Naturschutz finden ja alle irgendwie gut. Hübsche Blümchen, sumsige Bienen – wer könnte etwas dagegen haben, die zu erhalten? Die Antwort ist: Wir alle.

Denn Natur- und Artenschutz sind nicht die Wohlfühlthemen, als die sie am liebsten dargestellt werden. Mit dem Verhätscheln einzelner Tierchen hat beides nichts zu tun. Die gestern vorgestellte Inventur der hiesigen Flora und Fauna belegt: Unsere Lebensweise zerstört natürliche Lebensräume. Ohne die aber gibt es keine Artenvielfalt. Wer auf diesen Zusammenhang hinweist, wird leider wieder zunehmend als Juchtenkäfer-Kuschler denunziert, der einer vernünftigen Wirtschaftsentwicklung im Weg steht.

Um Biotope zu erhalten oder neu zu schaffen, muss das Thema erst mal wieder ernst genommen werden. Billige Symbolpolitik schadet da nur. Es ist absurd, mehr Wildnis zu fordern, wenn wegen jeden Wolfs, der sich versehentlich blicken lässt, am liebsten gleich das nächste SEK gerufen würde. Apropos Wolf: Dessen Rückkehr wird als Beispiel für positive Entwicklungen genannt. Was zwar richtig ist, aber eher nicht an einer sinnvollen Naturschutzpolitik liegt, sondern am wirtschaftlichen Niedergang Ostdeutschlands. Das kann natürlich auch keine Lösung sein. Erforderlich ist daher eine geordnete, grundsätzliche Veränderung unserer Industrie und vor allem Landwirtschaft, mit der Konsequenz höherer Preise für Lebensmittel und einer Reduktion des Fleischkonsums. Da aber wird das schöne Blumenwiesenthema plötzlich ganz und gar ungemütlich. Auch für die Biomarktboheme. Denn nichts ist so global wie die Bedrohung der Artenvielfalt.

Auch in Deutschland ist nach wie vor nur ein lächerlich geringer Teil der Fläche geschützt. Entscheidend ist dabei nicht die Musealisierung kleiner Flecken, in die dann niemand mehr hineindarf. Die Menschen müssen wieder stärker an eine echte, wilde, manchmal auch ungemütliche Natur herangeführt werden, um Verständnis für deren Schutz zu entwickeln.