: Frauen gründen anders
Die Gründerinnen-Agentur ist mit der neuen Vertretung im Saarland jetzt bundesweit präsent. Wie wichtig eine spezielle Ansprache ist, zeigt „Weiberwirtschaft“ in Berlin
BERLIN taz ■ Es war die „doch klassische Rollenverteilung“ zwischen ihr und ihrem Mann, die Corina Schukraft-Wadle dazu bewog, ihr Geschäft nicht zu Hause zu gründen. Wie soll man auch erfolgreich ein Unternehmen führen, wenn die Wäsche läuft und der Kühlschrank leer ist. Im Oktober eröffnet sie deshalb ihren Online-Shop für internationale Bücher in den Räumen der Berliner Weiberwirtschaft. Corina Schukraft-Wadle ist eines Morgens mit dieser Idee aufgewacht und wusste: „Das ist es, was du machen willst.“ In fünf Jahren will sie Marktführerin in Deutschland sein.
Das Haus der Weiberwirtschaft ist eine der jetzt 16 Regionalvertretungen der bundesweiten Gründerinnen-Agentur (bga). Mit dem Start im Saar- land Ende August ist die vom Bund geförderte Agentur zwei Jahre nach ihrer Gründung nun bundesweit vertreten. Für die nächsten Jahre erwarten die bgs-MitarbeiterInnen einen Anstieg der Gründerinnen-Zahl in Deutschland. Da kommt die 16. Regionalvertretung gerade rechtzeitig.
Schukraft-Wadles ist noch eine Seltenheit. Der Frauenanteil bei den Selbständigen in Deutschland liegt bei nicht mal 30 Prozent. Deutschland liegt hier international auf einem mittleren Rang. Schukraft-Wadles’ Vermieterinnen von der Weiberwirtschaft sehen dafür in der vorherrschenden Rollenverteilung einen der Gründe. Deshalb gelte: „Frauen gründen anders.“
Statistiken zeigen: Spezielle Beratungsangebote für Frauen sind ökonomisch wichtig. In der Europäischen Union erwirtschaften kleinere und mittlere Unternehmen über zwei Drittel des Bruttoinlandsproduktes. Fast ein Viertel der Unternehmen mit weniger als 100 Beschäftigten wurden im Jahr 2000 von einer Frau geleitet. Indem sich jede zweite Unternehmerin im Bereich Dienstleistungen selbständig macht, tragen die auch zum vielbeschworenen Strukturwandel bei. Der Dienstleistungssektor weist seit den 70er-Jahren die größten Wachstumsraten auf.
Grund genug, Gründerinnen unter die Arme zu greifen. Noch sichern sich selbständige Frauen in Deutschland häufiger mit zusätzlichen Teilzeit- oder Nebenjobs ab. Unternehmerinnen verdienen eben weniger als Unternehmer. Aber: „Begrenzte zeitliche Ressourcen bedeuten auch begrenztes Wirtschaftswachstum des Unternehmens“, warnt Iris Kronenbitter, Projektleiterin der bga.
Die in Stuttgart ansässige Agentur versteht sich als „Kompetenz- und Servicezentrum zur unternehmerischen Selbständigkeit für Gründerinnen aller Branchen und in allen Phasen der Existenzgründung, Festigung und Unternehmensnachfolge“. Über eine Hotline und in einer Online-Datenbank etwa können schnell Ansprechpartnerinnen vor Ort gefunden werden. 1300 ExpertInnen zum Thema Existenzgründung finden sich da.
Es sei für Frauen immer noch schwerer, Küche und Kunden unter einen Hut zu bringen, bestätigt Katja von der Bey, eine Weiberwirtschaft-Vorständin. Seit 1996 war die Weiberwirtschaft Geburtshelferin bei 200 Firmengründungen durch Frauen und ist damit Europas größtes Zentrum für Existenzgründerinnen. Die „Wirtschaftsweiber“ sind erfolgreich: Nur drei Konkurse und 36 Geschäftsaufgaben in zehn Jahren. Ein Fünftel aller Neugründungen ging pleite. Der statistische Durchschnitt liegt bei 50 Prozent.
Das ist wohl auch dem Standort zu verdanken. Das Gebäude der Wirtschaftsweiber liegt mitten in Berlin Mitte. Für die Gründungsentscheidung beziehen Frauen laut Studien ein Reihe „nichtmonetärer Größen“ mit ein. Von der Bey nennt die Weiberwirtschaft daher „ein Luftschloss mit U-Bahn-Anschluss“. Darauf habe man bei der Gebäudewahl besonderen Wert gelegt. Denn „Frauen können – im Gegensatz zu Männern – oft nicht einfach auf der grünen Wiese gründen“. Sie brauchen Infrastruktur.
Frauen achten bei der Ortswahl auf eine gute Verkehrsanbindung, Einkaufsmöglichkeiten und Kita-Nähe. Oft klappt es dann auch mit den Kindern. Selbständige Frauen sind häufiger Mütter als andere Frauen. Von der Bey geht noch weiter: „Frauen werden oft selbständig, gerade weil sie dann flexibler in der Tagesgestaltung werden.“
SUSANNE SCHWARZ