: Irrfahrt Mensch
MODERNER EPOS Mathias Énard stellt seinen Roman „Zone“ über die Gewalt im 20. Jahrhundert vor
Monumentales hat sich Mathias Énard mit seinem Roman „Zone“ (Berlin Verlag) vorgenommen: Ein „zeitgenössisches Epos“ über die Gewalt im 20. Jahrhundert, über „all diese Leiden“, wollte der Franzose schreiben. Dafür schickt er seinen Protagonisten Francis Mirkovic alias Yves Deroy mit dem Zug nach Rom, wo der Agent des französischen Geheimdienstes seinen „Koffer voller Toten“ dem Vatikan verkaufen will, um ein neues Leben zu beginnen. Darin enthalten: eine Liste von Kriegsverbrechern, Waffenhändlern und Terroristen, die er in den Konfliktzonen des Mittelmeerraums zusammengestellt hat.
600 Seiten lang lässt Ènard den Erinnerungen des Sohnes einer kroatischen Emigrantin und eines ehemaligen Söldners im Balkankrieg freien Lauf, lässt ihn von Mussolinis Nordafrikakrieg, vom Algerienkrieg, von der Shoah, vom Blutbad der christlichen Phalange in Beirut 1982, vom Jugoslawienkrieg, vom Den Haager Kriegsverbrecherprozess erzählen. Wer hier Täter, wer Opfer ist, lässt Ènard dabei im Unklaren.
2008 gab es für die „neuzeitliche Irrfahrt“ den Candide-Preis. Heute stellt Énard seinen ambitionierten Roman über Gewalt und Schuld im Gespräch mit dem Literaturwissenschaftler und Kritiker Jürgen Ritte vor.ROBERT MATTHIES
■ Do, 14. 10., 20 Uhr, Literaturhaus, Schwanenwik 38