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Archiv-Artikel

Die Wut geht um

„Böser Türke“ gegen „guten Deutschen“? Ein WDR-Fernsehfilm schlägt Wellen – schon vor der Ausstrahlung

Der Film heißt „Wut“, und dafür hat er im Vorfeld der Ausstrahlung bereits gesorgt. Denn am Freitag vergangener Woche beschlossen die ARD-Intendanten mehrheitlich, das realitätsnahe Drama nicht am Mittwoch um 20.15 Uhr, sondern am Freitag um 22 Uhr auszustrahlen. „Ich bin über die Entscheidung mehr als bekümmert, ich bin zornig“, erboste sich Fritz Pleitgen, Intendant des WDR, gestern in der FAZ. Man fürchte offenbar kritische Schlagzeilen und die Jugendschutzbestimmungen zu beschädigen. Aber dies sei ein Film für junge Menschen.

Die Hauptfigur ist Felix, der aus einer typischen Mittelstandsfamilie stammt. Er hat Ärger mit dem türkischen Mitschüler Can, dessen Bande ihn seiner neuen Turnschuhe beraubt hat. Sein Vater Simon ist Literaturprofessor, seine Mutter Christa Immobilienmaklerin. Felix namentlich der Glückliche genießt ein Leben in Liebe, Bildung und Wohlstand. Ihm gegenüber steht Can, Kind türkischer Immigranten, der aus Neid und Hass den Mitschüler abzockt.

Vater Laub versucht Can mit friedlichen Mitteln zum Aufhören zu bewegen. Sein Versuch bleibt erfolglos, die Konfrontation nimmt zu. Der vermeintlich liberale Vater Simon Laub gerät in einen Strudel nicht zu beherrschender Wut. Es folgt Rache auf Rache. Dies ist ein positiver Zug des Films unter der Regie des deutsch-türkischen Regisseurs Züli Aladag („Elefantenherz“): Täter und Opfer werden austauschbar.

Gut und Böse allerdings nicht. Und so bleiben die Protagonisten, was sie von Anfang an sind: der böse türkische Abzocker Can und der hilflose deutsche Felix. Für den Deutschen entwickelt der Zuschauer Verständnis, für den Türken höchstens Mitleid dafür. Dass dies selbst wieder eine Form der Überheblichkeit darstellt und dem Klischee des „Kampfes der Kulturen“ aufsitzt, übersieht der Film. „Es wird nur noch negativ und problematisch über Migranten berichtet“, sagte denn auch ein türkischer Zuschauer nach einer Vorab-Premiere des Films.

Das Drama sei jedoch eine bewusst-provokante Zuspitzung, ein Einzelfall, der „nicht repräsentativ sein soll“, wie Autor Max Eipp sagt, der die Geschichte vor dem Hintergrund eigener Erfahrungen entwickelt hat. „Wut“ bedürfe eines aufgeklärten Publikums, gibt Eipp zu. „Ich glaube aber auch, dass wir im Fernsehen viel zu ängstlich sind, nicht politisch korrekt zu sein.“SUSANNE SCHMETKAMP, dpa