: „Das ist menschenunwürdig“
Die SPD kritisiert die Pläne von Niedersachsens Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU) zum Umgang mit Strafgefangenen. Statt der „harten Linie“ der Ministerin sollte laut SPD vielmehr der offene Vollzug gestärkt werden
Die SPD im Landtag hat Niedersachsens Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU) eine zu harte Linie im Umgang mit Strafgefangenen vorgeworfen und eine Ausweitung des offenen Vollzugs gefordert. Die SPD-Expertin für den Justizvollzug, Elke Müller, sagte gestern, Häftlinge würden oft nur verwahrt und zu wenig auf ein Leben in Freiheit vorbereitet. Im Zuge der Übertragung des Strafvollzugs auf die Länder will Heister-Neumann Haftzellen auch mehrfach belegen und die Fesselung von Insassen erleichtern.
Die SPD-Landtagsabgeordnete Müller kritisierte, die Wiedereingliederung von Häftlingen diene der Sicherheit der Bevölkerung, werde aber durch Heister-Neumanns Vorstoß vernachlässigt. Sicherheit im Vollzug gebe es nicht nur durch dicke Mauern und Stacheldraht. „Ein Verzicht auf Resozialisierung wäre verantwortungslos, weil fast alle Häftlinge irgendwann das Gefängnis wieder verlassen“, sagte Müller. In den Haftanstalten kommen aus Sicht der SPD außerdem Schulausbildung und soziales Training zu kurz. „Gefangene bleiben sich selbst überlassen.“
Der offene Vollzug sollte nach einem Papier der SPD gestärkt werden. Danach dürfen sich Gefangene frei in der Haftanstalt bewegen und auch außerhalb der Gefängnismauern arbeiten. Es darf allerdings nicht zu befürchten sein, dass sie Straftaten begehen oder fliehen wollen. Die SPD im Landtag hält zudem Einzelzellen weiterhin für „unerlässlich“.
Auch eine erleichterte Fesselung von Gefangenen lehnt die Oppositionsfraktion ab. Ein herzkranker Gefangener, der aus Gesundheitsgründen in der Haft nicht arbeiten durfte und auch kein Gewalttäter war, sei an Händen und Füßen gefesselt zur Beerdigung seiner Frau gebracht worden, schilderte Müller ein Beispiel. „Das ist menschenunwürdig.“
Justizministerin Heister-Neumann hatte gesagt, in alten Haftanstalten dürften Gefangene gemeinsam in einem Haftraum untergebracht werden. In Gefängnissen, die nach 1976 errichtet und auch besser ausgestattet seien, sei dies aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Auf „Belegungsspitzen“ müsse künftig flexibler reagiert werden, der Grundsatz der Einzelunterbringung bleibe aber erhalten. Für eine Fesslung von Gefangenen etwa bei Transporten soll nach dem Willen von Heister-Neumann künftig einfache Fluchtgefahr ausreichen. Bislang ist eine Fesselung nur bei „erhöhter Fluchtgefahr“ erlaubt. dpa/taz