: In wessen Namen?
KASERNEN Seit Jahren streitet ein Kaufbeurer Lehrer für die Umbenennung von Einrichtungen der Bundeswehr, die antidemokratischen und antisemitischen Generälen gewidmet waren
Bei der Max-von-Gallwitz-Kaserne in Aachen hat es halbwegs rechtzeitig geklappt. Bei der Emmich-Cambrai-Kaserne in Hannover wird es etwas knapp.
Die Aachener Anlage wurde noch im Januar dieses Weltkriegs-Gedächtnisjahres in Leo-Löwenstein-Kaserne umgenannt. Grund: Der Erste-Weltkriegs-General der Artillerie von Gallwitz war Antidemokrat und Antisemit und somit „ein Problem“ für die Stadt wie für die Soldaten, wie der Aachener Oberbürgermeister Marcel Philipp sagt. Der Umbenennungswunsch sei von diesen selbst gekommen.
Die Hannoveraner Kaserne allerdings ist ebenfalls nicht gerade nach einem Vorbild benannt. Otto von Emmich war General der Infanterie und führte zum Auftakt des Ersten Weltkriegs den Sturmangriff aufs belgische Liège/Lüttich. Dabei begingen deutsche Soldaten Gewalttaten gegen Zivilisten, die inzwischen als kriegsvölkerrechtswidrig gelten. Die nach ihm benannte Kaserne soll nun einen neuen Namen erhalten, bevor sich auch diese Schlacht zum hundertsten Mal jährt.
„Dazu habe ich nur noch drei Briefe an die Bundeswehr gebraucht – vor zwanzig Jahren brauchte so etwas auch schon einmal 3.000“, erklärt befriedigt Jakob Knab in Anspielung auf den „Allgäuer Kasernenkampf“ zur 1995 erfolgten Umbenennung der Dietl-Kaserne.
Niemand hat in der Bundesrepublik die falsche Verehrung von Reichswehr- und Wehrmachtsoffizieren genauer verfolgt und beharrlicher angeprangert als der 62 Jahre alte Lehrer aus Kaufbeuren.
Es gebe immer noch genug Traditionalisten in der Bundeswehrführung, die von einer bestimmten Sorte Geschichtspolitik nicht absehen wollten, sagt Knab. Als deren „Anführer“ hat er übrigens den Inspekteur der Luftwaffe, Karl Müllner, ausgemacht, der breiteren Öffentlichkeit durch sein Engagement für die Kampfdrohne bekannt.
Das Verteidigungsministerium erklärt ausdrücklich, es sei zum Gedenkjahr 2014 keine Umbenennungswelle geplant. „Das sind ja immer Initiativen, die von unten und von vor Ort kommen“, sagt ein Sprecher in dezentem Widerspruch zu Knab. Es wird auch keine zentralen Gedenkveranstaltungen der Bundeswehr geben, vielmehr liegt die Koordination im Auswärtigen Amt.
Allerdings setzen die historisch arbeitenden Bundeswehr-Einrichtungen Schwerpunkte: Das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in Dresden etwa plant zum 1. August eine große Sonderausstellung „14 – Menschen – Krieg“. Das Kooperationsprojekt – mit Arte, BBC und ARD – will an 14 Einzelschicksalen die Auswirkungen des Kriegs darstellen. Die Sonderausstellung „Krieg und Wahnsinn“ wird außerdem Bilder ziviler PsychiatriepatientInnen (also nicht von Soldaten) zeigen, die über den Krieg entstanden.
Das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr hat seine regelmäßige Militärgeschichtstagung im Juni, „Dynamik der Globalisierung. Das Deutsche Reich zwischen europäischem Staatenkonflikt und Weltkrieg, 1914–18“ genannt.
Knab reicht das nicht aus. Den Verteidigungsausschuss forderte er jüngst auf, sich auch über die Hindenburgkaserne in Munster oder über den Marinestützpunkt Tirpitzhafen in Kiel Gedanken zu machen. ULRIKE WINKELMANN