: 1914
Am 28. Juni 1914 erschießt der serbische Nationalist Gavrilo Princip in Sarajevo Erzherzog Franz Ferdinand, den Thronfolger Österreich-Ungarns. Das ist nur ein regionaler Konflikt zwischen dem imperialen Vielvölkerstaat und Serbien, das einen jugoslawischen Staat anstrebt. Doch in der Julikrise werden immer mehr Staaten involviert. Als Wien Serbien angreift, erklärt das zaristische Russland Wien der Krieg. Der Erste Weltkrieg, die Urkatastrophe des 20. Jahhunderts, beginnt, halb wie aus Zufall: Österreich-Ungarn und Deuschland marschieren gegen Russland, Frankreich und Großbritannien.
1914
Am 4. August 1914 überfallen deutsche Truppen das neutrale Belgien – um so schnell Paris zu erobern. Doch dieser Schlieffen-Plan scheitert. Auch weil Belgien Widerstand leistet. Die Deutschen rächen sich mit der Erschießung von 6.000 Zivilisten. Am 25. August zerstören deutsche Truppen die mittelalterliche Stadt Löwen: für Briten und Franzosen ein Beweis, dass das Kaiserreich einen barbarischen Angriffskrieg führt. Am 9. September beschreibt Reichskanzler Bethmann Hollweg die deutschen Ziele: Belgien soll Vasallenstaat, Luxemburg und Teile Nordfrankreichs sollen annektiert werden. Frankreich soll keine Großmacht mehr sein und Mitteleuropa von Holland über Skandinavien bis Polen zu einer von Berlin beherrschten Wirtschaftsunion werden: eine Art Nord-EU.
1916
Am 22. April 1915 setzen die Deutschen in Flandern erstmals ein tödliches Gift, Chlorgas, ein. Die Wirkung ist verheerend: 1.200 Franzosen sterben an dem Gas. Die französische Front bricht an diesem Tag auf sechs Kilometern zusammen. Insgesamt sterben bis 1918 etwa 100.000 Soldaten an Chemiewaffen – noch wesentlich mehr kommen durch Artillerie, Maschinengewehre und Schrapnelle ums Leben.
1915
Am 7. Mai 1915 versenkt ein deutsches U-Boot das britische Passagierschiff „Lusitania“ mit 1.200 Passagieren, darunter 127 US-Bürger. Die USA protestieren heftig. Zwei Jahre später treten sie auch wegen des deutschen U-Boot-Krieges gegen US-Schiffe in den Krieg ein und besiegeln damit die Niederlage des Kaiserreiches.
1915
Am 21. Februar 1916 greifen deutsche Truppen die französische Festung Verdun an. Sie wollen der französischen Armee eine Entscheidung aufzwingen und scheitern. In den ersten 18 Tagen feuern die Deutschen 3 Millionen Artilleriegeschosse ab: das entspricht 30 Munitionszügen jeden Tag. Am 19. Dezember endet die Schlacht, der Frontverlauf hat sich kaum verändert. Bei dem Gemetzel sterben fast 320.000 Soldaten. Es ist die erste große Materialschlacht des Krieges. Weil Geländegewinne an der Westfront nicht zu erzielen sind, erklärt die deutsche Militärführung das Ausbluten des Gegners zum Ziel. Kronprinz Wilhelm fordert von den deutschen Soldaten, keinesfalls in Gefangenschaft zu gehen: „Lieber in Ehre untergehen als leben ohne Ehre!“
1916
In britischen Kinos läuft der Dokumentarfilm „The Battle of the Somme“. Er zeigt, wie britische und französische Truppen an der Somme in Nordfrankreich eine Gegenoffensive gegen die Deutschen versuchen. Die Kämpfe dauern an, während der Film im Kino läuft. 20 Millionen Zuschauer sehen „The Battle of the Somme“, er ist der bis heute erfolgreichste britische Film. Die Schlacht endet nach knapp fünf Monaten mit etwa einer Millionen Toten aber ohne militärische Entscheidung.
1917
Anfang April 1917 gründet sich in Gotha die USPD. Damit ist die Sozialdemokratie gespalten: in die MSPD mit Friedrich Ebert, die den Krieg weiter unterstützt, und die USPD, die den Burgfrieden beenden will. Zur USPD gehören die Linksradikalen wie Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, der Zentrist Karl Kautsky, aber auch Parteirechte wie Eduard Bernstein. Alle eint das Ziel: Schluss mit dem Krieg.
1917
Oktoberrevolution in Russland. Der Zar wird gestürzt und später ermordet. Die Bolschewiki um Lenin und Trotzki übernehmen die Macht in Petrograd, dem späteren Leningrad und heutigen Sankt Peterburg. An der Ostfront herrscht seit dem Machtwechsel in Russland de facto Waffenstillstand.
1918
Im September 1918 schreibt Rosa Luxemburg im Breslauer Gefängnis über die russische Revolution: „Ohne freie, ungehemmte Presse, ohne ungehindertes Vereins- und Versammlungsleben ist gerade die Herrschaft breiter Volksmassen völlig undenkbar.“ Und: „Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei – mögen sie noch so zahlreich sein – ist keine Freiheit. Freiheit ist immer nur Freiheit des anders Denkenden.“
1918
11. November 1918: Der Krieg ist zu Ende. Deutschland hat ihn verloren. Der britische Corporal Jon Osborne schreibt: „Als der Waffenstillstand in Kraft trat, war ich im Schützengraben. Die Deutschen gegenüber kamen aus ihrem Graben heraus, verbeugten sich vor uns und gingen weg. Das war’s.“
1919
Am 28. Juni 1919 unterzeichnen die Deutschen unter Protest in Versailles den Friedensvertrag. Deutschland muss Elsass-Lothringen an Frankreich abtreten und Reparationen in Höhe von 132 Milliarden Mark zahlen – eine nicht zu bewältigende Last für die Ökonomie der Weimarer Republik. Der Versailler Vertrag wird zur Munition, mit der die revanchistische Rechte die erste deutsche Demokratie sturmreif schießt. Und zur Bedingung für Hitlers Aufstieg.