Bürosoftware kommt teuer und spät

Bei der Umstellung auf das kaufmännische Rechnungswesen für die NRW-Verwaltung gibt es erneut Probleme

Beamte sollen zukünftig haushalten wie Manager. Statt der Jahrhunderte alten Kameralistik müssen die NRW-Gemeinden ab 2009 die kaufmännische, doppelte Buchführung (Doppik) einführen. „Transparenz im Haushaltsplan“ erhofft sich FDP-Innenminister Ingo Wolf von der businessmäßigen Bilanz, bei der erstmals „Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen oder die tatsächliche Entwicklung des kommunalen Vermögens“ aufgelistet werden sollen. Doch das „Neue Kommunale Finanzmanagement“ (NKF) ist teuer. Dreistellige Millionenkosten verursacht allein die Softwareumstellung.

Nachdem in den vergangenen Jahren mehrere NRW-Großstädte Probleme bei der Softwareumstellung für NKF hatten (taz berichtete), wachsen nun die Sorgen in kleineren Kommunen. So können sich die 42 Mitglieder des Kommunalen Rechenzentrums Niederrhein nicht auf eine gemeinsame Softwarelösung einigen, die 500.000 Euro pro Jahr kosten darf. Da die Mitgliedsstädte Straelen, Rees und Geldern um den pünktlichen NKF-Start fürchten, kamen sie mit einer süddeutschen Softwarefirma ins Geschäft. Vom Innenministerium war keine Stellungnahme zu dem Software-Zoff am Niederrhein zu bekommen.

Für die Landesverwaltung heißt das Doppik-Projekt nicht NKF, sondern EPOS. Hinter dem literarisch anmutenden Kürzel steht die „Einführung von Produkthaushalten zur Outputorientierten Steuerung“. Während die Kommunen ab 2009 gesetzlich zur Einführung der doppelten Buchführung gezwungen sind, lässt sich das Land mehr Zeit. NRW-Finanzminister Helmut Linssen (CDU) hatte Anfang des Jahres eine Verzögerung der Reform auf 2010 angekündigt. In Hessen war die Doppik-Einführung 2004 zum Politskandal geworden, weil die Reform eine Kostenexplosion nach sich zog.

Vielleicht greift Schwarz-Gelb beim Haushaltsrecht deshalb erst einmal zu symbolischer Politik. Heute bringen die Koalitionsfraktionen einen Antrag in den Landtag ein mit dem Titel „Wider den Staatsbankrott – Streichung des kreditverfassungsrechtlichen Ausnahmetatbestands der ‚Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts‘“. Mit dem Vorstoß ziehen Christ- und Freidemokraten gegen keynesianische Verschuldungspolitik zu Felde. Weil SPD und Grüne den Streichvorschlag ablehnen, scheint er wegen der fehlenden Zweidrittelmehrheit für eine NRW-Verfassungsänderung politisch bereits tot. Mit der Doppikreform 2010 müsse man über verfassungsrechtliche Konsequenzen für das NRW-Etatrecht nachdenken, sagt der grüne Landtagsabgeordnete Rüdiger Sagel. „In der aktuellen Situation aber will die Koalition mit ihrem Vorschlag nur von ihren neuen Milliardenschulden ablenken.“MARTIN TEIGELER