: Stadtteile statt geteilter Stadt
WIN-MITTEL Programm zur Stadtteilentwicklung geht in seine dritte Phase: Strategisch geschärft soll es Nachteile einzelner Stadtgebiete mildern. Gleichzeitig hat sich soziale Ungleichheit räumlich ausgeweitet
Rund 50 Millionen Euro sind seit Start des WiN-Programms vor zehn Jahren in Stadtteilprojekte investiert worden.
■ 15 Millionen Euro davon kamen aus dem WiN-Programm selbst. Der Rest wurde, wie in den Richtlinien vorgesehen, aus anderen Fördertöpfen rekrutiert.
■ Mit 516.823 Euro seit 2007 hat Kattenturm den bislang größten Förderanteil erhalten.
■ 43.000 Menschen leben derzeit in den Fördergebieten.
■ Projekte werden in den Fördergebieten von QuartiermanagerInnen koordiniert, aber gemeinschaftlich entwickelt: Bei Anwohner-Treffen wird im Konsens entschieden, wie das Geld zu investieren ist.
Die durch das Wohnen in Nachbarschaften-Programm (Win) geförderten Stadtgebiete sollen auch 2011 weiter Gelder erhalten. In elf Quartieren gibt es derzeit Projekte wie Theaterworkshops, Alphabetisierungsangebote oder Arbeitslosentreffs.
Nachsorge findet in Blockdiek und Marßel statt, präventive Maßnahmen werden in Osterfeuerberg und in Woltmershausen gefördert. Win soll benachteiligende Strukturen mildern und Quartiere nach Anwohnerbedürfnissen umgestalten.
Der Senat hat das Programm begutachtet, bevor 2011 die dritte Förderrunde anläuft. Trotz schwieriger Haushaltssituation, solle das Programm „in der Breite verstärkt werden, um einem Auseinanderdriften der Stadt entgegen zu wirken,“ forderte Karin Krusche, baupolitische Sprecherin der Grünen auf einer Pressekonferenz der Koalitionsfraktionen. Die Ursachen dieser Segregation könne man nur jenseits von Ressortgrenzen bekämpfen, so Krusche weiter. Das sei eine Querschnittsaufgabe.
Problem dabei: Die Nachhaltigkeit der Förderung. Im Konzept soll das Geld nur als Anschub dienen, das Ziel ist Eigenständigkeit der entstandenen Strukturen. In der zweiten Projektphase war daher eine Staffelung nach Bedarf eingeführt worden. Einzelne Stadtteile erhielten weniger Win-Gelder. In der Praxis funktionierte das allerdings nicht: Hemelingen und das ‚Schweizer Viertel‘ in Osterholz bekamen ab 2005 nur die Hälfte der Förderung, berichtete Jürgen Pohlmann (SPD). Jetzt bestehe dort wieder voller Bedarf. Auch in den anderen Gebieten sei eine volle Förderung weiterhin gewollt, sagte er.
Ursprünglich sollte auch nur ein Viertel der Projekte länger als ein Jahr gefördert werden. Diese Quotierung ist aufgehoben worden, durchschnittlich werden 75 in einzelnen Stadtteilen sogar 95 Prozent länger finanziert.
Auch im schon berücksichtigten Gröpelingen verschärfe sich die soziale Konfliktlage: Zu viele Menschen seien dort von Arbeit, Sprache und Bildung ausgeschlossen. Auch deshalb bekräftigte der Senat in seiner Stellungnahme die Absicht, mit Win „Ab- und Ausgrenzungstendenzen zu mindern und das Nebeneinander heterogener Bevölkerungsgruppen zu einem Miteinander zu entwickeln.“
Krusche kritisiert in diesem Zusammenhang die geplanten Einsparungen der Bundesregierung für Stadtentwicklungsprojekte. „Die Anforderungen der Regierung an MigrantInnen lassen sich nicht mit Kürzungen vereinbaren.“ Bis 2012 seien die Gelder aber sicher.
Andreas Koob