Bildung? Der letzte Dreck

SCHULE BLEIBT SCHMUTZIG

Was vermitteln wir unseren Kindern mit der Umgebung, die wir ihnen schaffen?

Erst haben sie selbst geputzt, dann auf den Putz gehauen: Kreuzberger Eltern, die den Schmutz in den Schulen ihrer Kinder nicht mehr ertragen wollten. Die zuständigen Behörden (die die Putzfirmen erlesen schlecht bezahlen) reagierten schnell, verständnisvoll und hilfsbereit: Sie gründeten einen Arbeitskreis.

Doch jetzt haben die Eltern wieder Grund zum Meckern. Denn nach vier ergebnislosen Treffen wurde diese „AG Schulreinigung“ aufgelöst, weil die Senatsbildungsverwaltung als oberste Schulbehörde Berlins festgestellt hat, dass sie für das Problem doch nicht zuständig ist. Sondern die Bezirke.

Das stimmt wahrscheinlich sogar. Es sind die Bezirke, die für den Zustand der Schulgebäude und sonstige nicht direkt pädagogische Hardware der Schulen – wie etwa das ebenfalls unterfinanzierte Mittagessen, auch ein leidiges Streitthema – verantwortlich sind. Der Senat stellt ihnen dafür (nur) das Geld zur Verfügung. Dass das nicht reicht, ist dann wiederum das Problem der Bezirke. Oder der Eltern. Oder der SchülerInnen.

Genau da liegt allerdings der Hase im Pfeffer. Was sind uns unsere Schulen, unsere Kinder und deren Bildung eigentlich wirklich wert? In politischen Lippenbekenntnissen steht das Thema Bildung ganz oben. In der Realität – ich bitte um Entschuldigung für das grobe Wortspiel, aber das muss jetzt sein – wird es behandelt wie der letzte Dreck.

Ein Beispiel? Mit großem Tamtam beschloss die Große Koalition Ende 2013, finanzielle Sondermittel für sogenannte Brennpunktschulen bereitzustellen. Je nach sozialer Belastung bekommen etwa 220 Schulen zwischen 50.000 und 100.000 Euro extra im Jahr, bei den meisten sind es gut 60.000 Euro. 15 Millionen Euro kostet das jährlich.

Dass das Abgeordnetenhaus etwa zeitgleich eine Reform der finanziellen Ausstattung seiner Abgeordneten beschloss, hatte etwas weniger Publicity. Die Bürgervertreter erhöhten sich ihre Diäten, vor allem aber die Etats für Büros und Mitarbeiter. Das kostet die Stadt 9 Millionen Euro im Jahr. Umgerechnet auf die einzelnen Abgeordneten sind das jährlich ebenfalls etwa 60.000 Euro.

Es ist sicher gut, wenn unsere Volksvertreter es bequem haben. Es vermittelt ihnen Respekt und Wertschätzung. Aber – was genau vermitteln wir eigentlich unseren Kindern mit der Umgebung, die wir ihnen schaffen?

ALKE WIERTH