: Prost, Ruhrgebiet
Die Wasserwirtschaft an der Ruhr wehrt sich gegen die Grünen: „Das Trinkwasser ist sicher.“ Die Ex-Landesumweltministerin hält dagegen: Wasserwerke im Ruhrgebiet sind gefährlich unmodern
VON MIRIAM BUNJES
Der Ruhrverband und die Ruhr-Wasserwerke wollen ihre Anlagen trotz des Skandals um perfluorierte Tenside (PFT) in Ruhr und Möhne nicht sanieren. „Unsere Technik ist vom Feinsten“, sagt Hansjörg Sander, Vorsitzender der Wasserwerke an der Ruhr. „An der Ruhr gibt es keine chemische Industrie, deshalb reichen unsere Verfahren aus.“
Die ehemalige NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) hatte Wasserwerken und Ruhrverband im taz-Interview vorgeworfen, die Verbraucher im Ruhrgebiet nicht ausreichend vor Giften im Wasser zu schützen. „Die Kläranlagen des Ruhrverbands arbeiten schlecht“, sagte die Fraktionsvize der Bundesgrünen. Auch die Wasserwerke seien nicht auf dem neuesten Stand der Technik. Deshalb sei die Trinkwasserqualität im Ruhrgebiet auch ohne den PFT-Skandal fragwürdig.
Tatsächlich haben im Ruhrgebiet 13 von 26 Wasserwerken keine Aktivkohlefilter. Eine Technik, die am Rhein Standard ist. Dort wird das Wasser zusätzlich mit Ozon gereinigt – und seit mehreren Jahren regelmäßig auch auf PFT untersucht. „Am Rhein sitzen doch Chemiewerke wie BASF, Novartis und Bayer“, sagt Sander. Das Wasser müsse deshalb viel aufwändiger gereinigt werden als an der Ruhr. „Unsere Anlagen sind standortgerecht“, sagt Sander. „PFT ist durch kriminelle Energie ins Wasser gelangt, sonst gibt es hier an der Ruhr keine großen Chemieeinträge.“
Auch der Vorstandsvorsitzende des Ruhrverbandes, Harro Bode, weist die Vorwürfe der Grünen zurück. „Wir halten alle Abwassernormen ein und haben in den letzten 15 Jahren 1,6 Milliarden Euro in unsere Kläranlagen investiert“, sagt Bode. Dabei habe der Verband sogar mit der damaligen Umweltministerin Bärbel Höhn zusammengearbeitet. „Zehn Jahre lang hat Frau Höhn die Wasseraufbereitung an der Ruhr nicht beanstandet“, sagt Bode. „Die eigene Verantwortung aus dieser Zeit will sie offenbar nicht mehr wahrhaben.“
Bärbel Höhn hatte 2004 das Wasser der Ruhr auf Flammschutzmittel untersuchen lassen – einer chemischen Verbindung, die wie PFT in vielen Alltagsgegenständen wie Regenjacken oder beschichtetem Papier vorkommen. Auch damals wurde man fündig. „Es kommt doch auf die Konzentration an. Das Ruhrwasser überschreitet keinerlei vorgegebene Grenzwerte, nicht einmal mehr am Ursprungsort des PFT-Skandals in Arnsberg“, sagt der Wasserwerksvorsitzende Sander.
Auch Harro Bode trinkt „selbstverständlich“ Leitungswasser im Ruhrgebiet. Flammschutzmittel, PFT und auch die von der Gourmet-Zeitschrift „Der Feinschmecker“ entdeckten Pharmaka- und Röntgenkontrastmittel-Rückstände seien so niedrig dosiert, dass es „keinerlei Anlass zur Besorgnis gebe.“
Und daher auch nicht zur Sanierung. Angst, dass NRW-Umweltminister Eckhart Uhlenberg (CDU) das Wassergesetz anwendet und die Anlagen-Betreiber zur Sanierung zwingt, hat bei der Wasserwirtschaft niemand. „Er setzt im Gegensatz zur alten Landesregierung auf Kooperation“, sagt Bode. Und Sande ist überzeugt: „Es gibt sowieso kein Werk, dass die Trinkwassernorm nicht erfüllt.“