„Wo bleibt mein Pass?“

KUNST Ai Weiweis große Einzelausstellung in Berlin wird wohl ohne ihn am 3. April eröffnet. Er darf China nicht verlassen. Über die Gründe für sein Reiseverbot würde er gern den chinesischen Staatschef Xi Jinping, der zurzeit in Deutschland ist, befragen

■ Vom 3. April bis zum 7. Juli werden Werke von Ai Weiwei im Martin-Gropius-Bau Berlin zu sehen sein.

■ Es ist die weltweit größte Einzelausstellung. Auf 3.000 Quadratmetern werden in Deutschland noch nicht gezeigte Werke präsentiert. Darunter ein 1:1-Nachbau seiner Zelle, in der er 2011 fast drei Monate verbringen musste.

INTERVIEW FELIX LEE
FOTOS SUSETTA BOZZI

taz: Herr Ai, haben Sie schon Ihre Koffer gepackt?

Ai Weiwei: Wohin?

Na zur Ausstellungseröffnung nächste Woche nach Deutschland.

Schön wär’s. Ich glaube nicht, dass ich die Erlaubnis bekommen werde. Ich habe nicht nur keinen Pass. Mir wird auch kein Grund genannt, warum mir der Pass nicht ausgehändigt und ob das jemals geschehen wird.

Was geschähe, wenn Sie jetzt sofort zum Flughafen fahren würden und dort ausharren, bis die Behörden reagieren?

In anderen Ländern würde man mir zumindest einen rechtlichen Grund nennen. Aber nicht in China. Hier wird man einfach verhaftet. Auch wenn es sich um keinen Verstoß handelt – irgendwas findet sich schon.

Aktuell würden Sie mit einer solchen Aktion aber für viel Aufmerksamkeit sorgen zumindest in Deutschland. Chinas Staatspräsident Xi Jinping ist in diesen Tagen zu Besuch.

Ich müsste nur der Auslandspresse in Peking Bescheid geben, dass ich mich auf dem Weg zum Flughafen mache, und die Aufmerksamkeit wäre da. Aber dann würde es wieder heißen: Der macht sich nur wichtig. Das will ich nicht. Die chinesische Öffentlichkeit würde ich damit auch nicht erreichen. Chinas Presse darf nicht über mich berichten.

Glauben Sie, Kanzlerin Merkel wird sich für Ihre Ausreise einsetzen?

Ich denke schon. Sie hat mir auch schon geholfen, als ich vor drei Jahren im Gefängnis saß. Ihr Einsatz dürfte mit dazu beigetragen haben, dass ich nach 81 Tagen wieder freikam. Ich halte es für sehr bedauerlich, dass so viel Aufwand um meine Person betrieben wird. Ich bin doch bloß ein Bürger von vielen, ein Künstler, der sich um den Zustand Chinas sorgt. Das ist doch nichts Besonderes. Trotzdem gibt es so viel Wirbel. Ich habe eine solche Rolle nie gewollt. Nun ist sie meine Realität.

Welchen Status haben Sie derzeit eigentlich? Sie sind ein Gefangener des chinesischen Staates und dürfen nicht ausreisen. Zugleich können sie aber eifrig bloggen und twittern und sich zu allem Möglichen äußern.

Ich bin zugegeben in einer sehr seltsamen Lage. Aber ich bin ja nicht der Einzige. China durchläuft derzeit einen gigantischen Modernisierungsprozess. Zugleich wird das Land aber seit 60 Jahren von Kommunisten regiert. Sie haben diese Veränderungen mit eingeleitet, trauen ihren Bürgern aber nicht. Die Regierung verwehrt uns freie Wahlen. Wir haben keine Meinungsfreiheit und keinen unabhängigen Rechtsstaat. Das schafft Widersprüche. Meine Lage spiegelt also bloß die Lage des gesamten Landes wider.

Haben die Behörden Ihnen denn klar mitgeteilt, was Sie dürfen und was nicht?

Ja, haben sie. Vor meiner Freilassung sagten sie: Ich sei kein Künstler und würde Kunst lediglich für politische Zwecke nutzen. Sie warfen mir vor, von ausländischen Geheimdiensten angeheuert worden zu sein. Ich würde versuchen, China zu destabilisieren. Nach meiner Freilassung hieß es: Wenn ich hart arbeite, könne aus mir mal ein guter Künstler werden. Ich solle mich doch auf meine Kunst konzentrieren und nicht auf die Politik. Ich würde viele Zusammenhänge doch gar nicht verstehen. Eigentlich haben sie mir auch die Internetnutzung untersagt, vor allem soll ich nicht twittern. Zudem ist es mir untersagt, mich mit anderen Aktivisten oder mit ausländischen Journalisten zu treffen. Über meine Haft darf ich auch nicht reden.

Aber jetzt machen Sie genau das Gegenteil.

Ich bin die Verbotsliste durchgegangen. Eigentlich haben sie ja recht: Ich bin kein Politiker und nicht in der Position, die Probleme dieses Landes zu lösen. Doch in den meisten Punkten geht es unmittelbar um mich und vieles bedingt sich. Wenn sie mir eine Strafe von 15 Millionen Yuan aufbürden wollen und mir Steuervergehen unterjubeln, muss ich das doch richtigstellen dürfen.

Was genau ist aus diesen Vorwürfen geworden?

Hintenherum haben sie mir mitgeteilt, ich solle die Vorwürfe nicht so persönlich nehmen. Der Staat hatte nun mal beschlossen, mir eine Lektion zu erteilen. Das sei nun nicht mehr rückgängig zu machen. Ich solle die Schuld auf mich nehmen, dann sei alles geklärt. Ich kann und will dieses Vorgehen aber nicht akzeptieren. Dabei geht es nicht nur um mich selbst. Sie gehen auch mit anderen so um. Wenn sie nachweisen, dass jemand gegen das Gesetz verstoßen hat, sollen sie ihn ins Gefängnis stecken. Aber sie können doch nicht einfach jemanden bestrafen, nur weil er anderer Meinung ist. So darf keine Obrigkeit vorgehen.

Sie haben mehr oder weniger eingewilligt, sich politisch weniger einmischen zu wollen. Doch Ihre Kunst ist ja sehr politisch. Bei der Ausstellung in Berlin wird es kaum ein Stück geben, das keine politische Botschaft hat.

Diese Behauptung weise ich zurück, ich mache Kunst nicht aus politischen Gründen. Ich versuche eine Art der Kommunikation zu finden, die meine Gefühle zu unserer Zeit in unserer Welt zum Ausdruck bringt. Es geht mir darum, mein wahres Ich zu zeigen. Die Unterteilung in politisch und unpolitisch halte ich für fehl am Platz. Bei einem Fisch fragt auch niemand, ob er schwimmen will oder nicht. Ihm bleibt nichts anderes übrig. So wie er schwimmen muss, muss ich mit meiner Kunst ehrlich bleiben.

Aber finden Sie das nicht politisch?

Ich sehe mich als eine Person, die sich weigert, von einem unfairen System zum Opfer gemacht zu werden. Ich versuche in einem politischen Umfeld mit Würde zu überleben. Wenn das politisch ist, ja, dann bin ich politisch.

Was halten Sie von Chinas seit einem Jahr amtierenden Staatspräsidenten Xi Jinping?

Er ist ein mutiger Mensch und hat einiges angestoßen, etwa die Korruptionsbekämpfung. Korruption ist inzwischen in China tief verwurzelt, fast jeder beteiligt sich daran. Ich sehe, wie schwierig es ist, das Problem anzugehen. Der heutigen chinesischen Politik fehlen die Rahmenbedingungen. Alles hängt vom individuellem Bemühen ab. Aber zugleich fällt es mir schwer, Xi Jinping als Politiker wirklich beurteilen zu können, weil ich nicht weiß, welchen Anteil er woran hat. In China ist es selbst für einen Staatschef nicht möglich, eigene politische Visionen zu entwickeln.

Wenn Sie ihn treffen würde, was würden Sie ihn fragen?

Wo mein Pass bleibt.

In Anlehnung an den American Dream hat Xi nach seinem Amtsantritt vor einem Jahr einen „chinesischen Traum“ eingefordert und damit eine Debatte angestoßen, wohin China streben sollte. Was ist Ihr „chinesischer Traum“?

Sehr einfach: Jeder Mensch muss das Recht haben, sich ohne Angst entwickeln zu dürfen. Jeder muss frei kommunizieren und sich vollständig informieren können. Er muss die Möglichkeit haben, sich für den eigenen Lebensstil entscheiden zu dürfen. Das ist ein einfacher Traum, der aber unter kommunistischer Herrschaft leider nie Wirklichkeit wird.

Ist es absurd, unter diesen Voraussetzungen über den „chinesischen Traum“ zu diskutieren?

Über Träume zu sprechen, ist nicht absurd. Für absurd halte ich, dass die Partei denkt, den Traum vorgeben zu können. Sie glaubt, der Traum der Partei sei der Traum aller Chinesen.

■ Pass: Die Initiative der „Freunde Ai Weiweis“ hat in einem offenen Brief Kanzlerin Angela Merkel gebeten, sich bei der chinesischen Regierung dafür einzusetzen, dem Künstler einen Reisepass auszustellen. Den Brief haben mittlerweile Hunderte Kulturschaffende unterschrieben.

■ Blumen: Zudem lädt die Initiative ein, Blumen zu schicken, die in einem Fahrradkorb vor Ai Weiweis Atelier in Peking abgelegt werden. Infos: www.freundeaiweiweis.de

Intellektuelle in China greifen die Debatte aber auf.

Wer? Ich kenne niemand, der diese Debatte ernst nimmt. Ich weiß nur von Leuten und ihren chinesischen Albträumen. Die sind sehr real.

Herr Ai, Sie beschäftigen sich auch viel mit Chinas Verhältnis zum Westen. Wie würden Sie das momentan beschreiben?

China ist zu einem wichtigen Spieler auf der Weltbühne aufgestiegen. Trotzdem ist das Land auch weiterhin in einem sehr labilen Zustand. Und das wird so bleiben, solange wir uns nicht zu einem demokratischen Staat mit einer gesunden Zivilgesellschaft entwickelt haben. Wirtschaftlich hat sich China geöffnet und ist freundlich gegenüber ausländischen Investoren. Wenn es um Geschäfte geht, hat die chinesische Führung durchaus ihre Qualitäten.

Schaden diese wirtschaftlichen Beziehungen womöglich Chinas zaghaften Demokratisierungsprozess?

Es gibt einige Länder, darunter auch Deutschland, die trotz der engen wirtschaftlichen Beziehungen an einigen wesentlichen Prinzipien festhalten. Sie werden zumindest nicht komplett ignoriert. Das finde ich sehr wichtig. Bei der Entwicklung unserer Zivilisation geht es auch um Menschlichkeit, die sich in unserem geistigen Zustand widerspiegelt und in den gesellschaftlichen Strukturen. Wem das nicht bewusst ist, der ist blind. Leider gibt es auch im Westen Politiker, die sehr kurzsichtig nur auf den schnellen Profit aus sind, fundamentale Werte aber vernachlässigen.

Die Gattin des US-Präsidenten, Michelle Obama, hat eben in China für ein freies Internet geworben. Zur gleichen Zeit sind Snowden-Enthüllungen bekannt geworden, wonach die NSA auch chinesische Bürger in großem Maßstab bespitzelt. Wie fühlt es sich an, wenn man weiß, nicht nur China, auch der US-Geheimdienst spioniert einem hinterher?

Auf einen Spitzel mehr kommt es bei mir nicht mehr an. Was mich aber traurig stimmt: Was ist das für eine Gesellschaft, in der die Menschen der westlichen Welt inzwischen leben. In der ihre Kinder aufwachsen. Snowden hat diese Frage aufgeworfen – ein mutiger und feiner Mann, der für die Menschheit sehr viel Gutes leistet und hoffentlich auch unser aller Bewusstsein schärft.

Wirken Aufforderungen wie die der US-First-Lady aber nicht wie ein Hohn in China?

Wir leben in einer komplizierten Welt. Was die Mächtigen im Westen jedoch unterschätzen: Wenn sie nicht an fundamentalen Rechten festhalten, besteht die Gefahr, dass sie die Lage in autoritären Staaten wie China noch weiter verschlimmern. Es ist eine Schande, dass gerade die USA, die technisch so fortgeschritten sind und die Meinungsfreiheit hochhalten, in diesem Ausmaß die Bürgerrechte verletzen.

Wie beurteilen Sie Chinas Rolle in der Krimkrise?

China hat ein Problem. Bislang galt in der chinesischen Außenpolitik das Prinzip, dass niemand an der Souveränität eines anderen Landes rütteln darf. Im Fall der Krim hat Putin das Prinzip mit dem Anschluss an Russland eindeutig verletzt. Bislang hält sich Chinas Führung mit Kritik zurück. Wenn sie Putin unterstützen sollte, würde sich die Frage automatisch auch mit Taiwan und Tibet neu stellen. Davor hat die KP aber Angst. Sie steckt also in einem Dilemma.

Haben China und Russland wirklich ein so gutes Verhältnis, wie beide Seiten gern behaupten?

China hat noch nie ein gutes Verhältnis zu Russland gehabt. Chinesen haben Russen nie vertraut und umgekehrt haben auch die Russen nie einen guten Eindruck von den Chinesen gehabt. Daran wird sich auch künftig nichts ändern. Strategisch brauchen sie sich aber.

Welches Bild haben Sie von Russland?

Leider ist Russland eine Nation, dessen Führung und wahrscheinlich ein Großteil der Gesellschaft noch immer rückwärtsgewandt denkt.

Rückwärtsgewandter als China?

Anders als Russland ist China zumindest nach außen hin um Freundlichkeit bemüht. Es misslingt nur ständig – das System ist zu verkrampft.

Nächste Woche eröffnet ihre Ausstellung in Berlin. Sie trägt den Titel „Evidence“, Beweise. Warum?

Wenn ich auf die vergangenen paar Jahre zurückblicke, war ich immer auf der Suche nach unverfälschten Informationen. Das ist hier in China besonders schwierig. Ich befinde mich also auf ständiger Wahrheitssuche. Was wir auch machen, wir suchen nach Beweisen. Die nun ausgestellten Stücke sind eine Auswahl meiner Beweise.

Bei einem Kunstwerk handelt es sich um Handschellen aus Jade. Damit spielen Sie offensichtlich auf Ihre 81-tägige Haft vor drei Jahren an. Was wollen Sie mit diesem Werk sagen?

■ Ai Weiwei, 56, ist Bildhauer, Architekt, Dokumentarfilmer und Installationskünstler. Er gilt als einer der wichtigsten Gegenwartskünstler der Welt.Geboren und aufgewachsen ist Ai in Peking. Sein Vater ist der in China berühmte Dichter und Maler Ai Qing. Ai Weiwei studierte an der Pekinger Filmakademie, lebte und wirkte in den achtziger Jahren in New York. 1993 kehrte er zurück nach Peking. Immer wieder hat Ai Weiwei die Kommunistische Partei für die gesellschaftlichen Missstände in China kritisiert und ist bei den derzeitigen Machthabern daher in Ungnade gefallen. Wegen angeblicher Steuervergehen haben ihn die Pekinger Behörden im April 2011 festgenommen und ihn für 81 Tage an einem unbekannten Ort festgehalten.Unter strengen Auflagen und unter scharfer Beobachtung darf er sich in Peking zwar bewegen, eine Ausreise wird ihm aber verweigert.

China hat ein brutales Rechtssystem. Dieses System kennt nicht nur kein anständiges Verfahren, sondern handelt willkürlich, je nachdem, was politisch gerade erwünscht ist. Seit jeher haben Menschen das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung. Doch die Menschen hier müssen ihre Ansichten verstecken. Sobald man sich hier nur öffentlich Gedanken über die Lage der Nation macht, besteht bereits die Gefahr, als Krimineller abgestempelt zu werden. Viele meiner Freunde sitzen im Gefängnis. Dafür stehen die Handschellen.

Aber warum Jade?

Konfuzius verband diesen Stein mit den sieben positiven Eigenschaften, nach denen auch der Mensch streben sollte, darunter Weisheit, Gerechtigkeit und Ehrlichkeit. Ein wahrer Gentlemen sollte keinen Schritt aus der Tür machen, ohne ein Stück Jade bei sich zu haben, sagte er. Chinesen nutzen Gegenstände häufig als Metapher für das eigene Wirken. Heutzutage trifft in China das Gegenteil zu. Wir verlassen das Haus ohne ein Stück Jade. Als ich verhaftet wurde, nahmen sie auch meinen Mitarbeiter fest. Ihm wurden nicht einmal die Handschellen abgenommen, auch nicht beim Schlafen. Er wurde an einen Stuhl gefesselt, durfte nicht duschen, und wenn er auf Toilette ging, musste er den Stuhl mitschleppen und sich dabei verrenken. Er hat sich keines Vergehens schuldig gemacht, ist lediglich ein junger Mann, mit dem ich zusammenarbeite. Auch dafür stehen die Jade-Handschellen.

Wie lebt es sich als festgehaltener Künstler?

Ich stehe wie die meisten Menschen hier in der Nachbarschaft frühmorgens auf und öffne meinen Rechner. Da es mir verboten ist, die sozialen Netzwerke des chinesischen Internets zu nutzen, übergehe ich die Internetblockade der Zensurbehörden und logge mich über einen ausländischen Server auf Twitter ein. Über die Einträge anderer erfahre ich, was im Land und im Rest der Welt passiert.

Ins chinesische Internet dürfen Sie nicht. Der Zugang ins ausländische Netz wird Ihnen aber gestattet?

Sie haben mir allgemein die Nutzung des Internets verboten. Ich widersetze mich dem aber. Wenn ich in chinesischen sozialen Netzwerken etwas poste, wird jeder Eintrag, jedes Bild von mir sofort gelöscht. Mein Name darf hier im Netz nicht auftauchen. Das ausländische Netz können sie nicht zensieren. Neulich erst haben sie mir aber auch das mal wieder angelastet: Ich würde verbotenerweise ausländische Webseiten aufrufen.

Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, dass Sie für die chinesische Führung vielleicht auch eine bestimmte Funktion erfüllen? Sie sind quasi Chinas kritische Stimme und damit ein Feigenblatt, um zu zeigen, dass Meinungsfreiheit durchaus möglich ist.

Im Ausland werde ich nur deswegen wahrgenommen, weil viele Menschen mich kennen. Dieses Privileg haben die meisten anderen Chinesen, die vom System unterdrückt werden, nicht. Wissen Sie, selbst wenn mir hier die Kunst verboten werden würde, könnte ich für mich irgendwie ein Auskommen finden. Aber weil ich öffentlich wahrgenommen werde, sehe ich mich in der Pflicht, auf die hiesigen Missstände aufmerksam zu machen. Dafür zahle ich einen hohen Preis: Ich wurde geschlagen, in einen mir bis heute unbekannten Ort verschleppt, durfte auch später nicht mein Grundstück verlassen. Natürlich sind die für mich zuständigen Behörden auch genervt von mir und wissen nicht so recht, was sie mit mir machen sollen.

Vermuten Sie dahinter nicht eine bestimmte Strategie?

Das weiß ich nicht. Wie auch? Sie reden nicht mit mir. Ich stelle ihnen Fragen, erhalte aber keine Antwort. Sie haben alle möglichen Kameras um mein Grundstück installiert und andere technischen Geräte. Sie haben meinetwegen sogar zwei Gebäude errichtet, von wo aus sie mich beobachten. Jeden Morgen werden sie von Männern mit großen Koffern betreten. Ich würde gerne mit ihnen ins Gespräch kommen. Aber das wird mir verweigert. Kommunikation findet nicht statt.

Felix Lee, 38, ist China-Korrespondent der taz. Er traf Ai Weiwei in dessen Studio in Peking. Das Gespräch musste immer wieder unterbrochen werden. Doch nicht der Staatsschutz war schuld. Seine vielen Katzen machten so viel Lärm