: Ende der Ketten in Sicht?
Warten auf die Bleiberechtsregelung: Während Schleswig-Holstein Abschiebungen aussetzt, bleibt Niedersachsen hart
Die Meldung klingt so gewaltig nicht: Schleswig-Holsteins Innenminister Ralf Stegner (SPD) hat die Behörden im Land aufgefordert, bis Jahresende keine Ausländer abzuschieben, die lange im Land leben und gut integriert sind (taz berichtete). Und doch ist das Schreiben ein Signal: „Wir haben Grund zu der Hoffnung, dass es zu einer Bleiberechtsregelung kommt“, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Thomas Giebeler, gestern der taz. Im November trifft sich die Innenministerkonferenz, um darüber zu beraten – es könnte endlich der Durchbruch sein.
Seit Jahren wird über die so genannte Kettenduldung gestritten. Betroffen sind Ausländer, die lange in Deutschland leben, aber nie ein dauerhaftes Bleiberecht bekamen; viele haben Kinder, die hier aufgewachsen sind. Ein unhaltbarer Zustand, finden nicht nur Hilfsorganisationen, sondern auch viele Politiker.
Am vergangenen Freitag trafen sich die Innenminister der Länder mit Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble. In vertraulicher Runde versuchte man, einen Kompromiss zu finden. Einzelheiten wollte Giebeler nicht nennen, „aber es zeichnet sich ab, dass die Frage entschieden wird“. Denkbare Knackpunkte seien, dass einzelne Nationalitäten oder Personengruppe herausgenommen werden, vermutet der Vorsitzende des Flüchtlingsrats Schleswig-Holstein, Martin Link. Laut der Anweisung aus Kiel gilt das vorläufige Ende der Abschiebungen für Einzelpersonen wie Familien aller Nationalitäten. Voraussetzung ist, dass sie mehrere Jahre im Land leben und „faktisch wirtschaftlich und sozial integriert“ sein müssen.
Hier hakt die Kritik des Flüchtlingsrates ein, der Stegners Vorstoß grundsätzlich begrüßt: „Selbst Deutsche finden heute keine unbefristeten Stellen“, sagt Link. „Das ist ein hartes Ausschlusskriterium.“ „Soweit sind wir noch gar nicht“, sagt Ministeriumssprecher Giebeler. „Es ist wichtig, dass wir Eckpfeiler eingeschlagen haben.“ Entscheidend sei, dass die Betroffenen bereit zur Integration seien und ihren Lebensunterhalt verdienten. Ohne das „wird es keine bundeseinheitliche Lösung geben“.
Während Schleswig-Holstein also eine Lösung in greifbarer Nähe sieht, kommt für Niedersachsen ein Stopp der Abschiebungen nicht in Frage: „Wir wissen ja gar nicht, wie eine einheitliche Regelung aussehen könnte“, so Michael Knapps, Sprecher von Innenminister Uwe Schünemann (CDU). „Was an Abschiebungen ansteht, machen wir.“ Die Grünen hatten gefordert, dem Kieler Beispiel zu folgen. Am Freitag veranstalten Flüchtlingsorganisationen auch in Niedersachsen den „Tag des Flüchtlings“. Unter anderem erhält Schünemann Unterschriftenlisten, deren Unterzeichner eine liberalere Politik wollen. EST