: Köpfe sollen wieder rollen
Kultursenator Flierl setzt sich für die Wiederaufführung der Oper „Idomeneo“ ein. Mit Intendantin Harms soll ein Termin im November gefunden werden. Die Rufe nach ihrem Rücktritt werden lauter
VON ROLF LAUTENSCHLÄGER
Berlins Kultursenator Thomas Flierl (PDS) setzt sich für die Wiederaufnahme der vom Spielplan genommenen Mozart-Oper „Idomeneo“ ein. Laut Flierl könnte die Inszenierung bereits im November wieder auf die Bühne kommen. Die Intendantin der Deutschen Oper, Kirsten Harms, hatte das Stück nach einer diffusen Sicherheitswarnung des Innensenators abgesetzt.
Wie Flierl gestern der taz sagte, sei mit Innensenator Ehrhart Körting (SPD), dem Integrationsbeauftragten des Landes, Günter Piening, und Harms ein Podiumsgespräch in der Deutschen Oper am 3. Oktober verabredet worden. Dabei soll über die mögliche Gefahrenlage und die Folgen diskutiert werden. Zugleich könne die als Skandal empfundene Absetzung in den „gesamtgesellschaftlichen Diskurs“ über Terror, Bedrohung und die unterschiedlichen Rezeptionen von Kunst gestellt werden.
Flierl sagte, er erwarte, „dass nach dem Dialog wir alle gemeinsam, so es die Sicherheitslage erlaubt, uns für die Wiederaufführung von ‚Idomeneo‘ einsetzen“. Er „missbillige nicht“ Harms’ Entscheidung, das Stück zu kippen, räumte aber ein, dass es besser gewesen wäre, wenn sie Rücksprache mit der Kulturverwaltung gehalten hätte.
Zugleich wertete er Körtings Analyse der Gefahrenlage, die zur Absetzung des Stücks führte, als nicht ausreichend für eine solche Reaktion. Von der Innenverwaltung war gestern bezüglich der geplanten Diskussion und der Gefahrenbeurteilung keine Stellungnahme zu erhalten. Am Tag zuvor musste Körting einräumen, dass es keine konkreten Hinweise auf eine Gefährdung gab. Das LKA sei lediglich zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Gefahrensituation eintreten könnte – ohne konkrete Hinweise zu haben.
Zur Erinnerung: Ein anonymer Anrufer hatte im Juli die Polizei gewarnt, die Mozart-Oper könne wegen einer Szene, in der die abgeschlagenen Köpfe von Buddha, Jesus und Mohammed gezeigt werden, Ziel eines Anschlags werden. Darüber hatte Körting Harms informiert. Diese strich, ohne Rücksprache mit Flierl oder dem Regisseur Hans Neuenfels, das Stück vom Spielplan. Das wird seither als Skandal und „unerträgliche“ (Angela Merkel) Beschneidung der künstlerischen Freiheit weltweit in der Öffentlichkeit kritisiert.
Gestern verstärkte sich der Druck auf Harms – in Form von Rücktrittsforderungen. So will der Berufsverband Bildender Künstler (BBK) den Abgang der Intendantin der Deutschen Oper. „Frau Harms sollte ihren Stuhl räumen“, sagte der Vorsitzende Herbert Mondry. „In Europa gelten Garantien der Kunstfreiheit“, gegen diese habe sie verstoßen. Auch der Hallenser Opernintendant Klaus Froboese befürwortete einen Rücktritt. Froboese: „Ihr Verhalten ist unprofessionell und deutet auf ein lausiges Management hin.“
Andere Intendanten deutscher Theater setzen sich zugleich offensiv für eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema Religion ein: „Der von Frau Harms geforderte Dialog mit dem Islam kann nur vor dem Hintergrund der aufgeführten Inszenierung stattfinden, nicht mit deren Absetzung“, sagte der Intendant des Münchner Gärtnerplatztheaters, Klaus Schultz. Der Generalintendant des Deutschen Nationaltheaters Weimar, Stephan Märki, meint: „Wenn das Theater als Ort des Diskurses sich wegduckt, verliert es seine gesellschaftliche Funktion und Relevanz.“
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