: Rauchverbot: „Haben keinen Zeitplan“
Beim ersten Treffen zum Nichtraucherschutz einigen sich Unions- und SPD-Politiker nur auf Verbote für öffentliche Gebäude. Anti-Qualm-Vorschriften für Gaststätten bleiben strittig. Ob die Verhandlungen irgendwann Ergebnisse bringen, ist offen
AUS BERLIN GEORG LÖWISCH
Union und SPD sind sich nur über Rauchverbote in Schulen, Krankenhäusern, Behörden und Verkehrsmitteln weitgehend einig. Das sagte der SPD-Politiker Lothar Binding gestern auf taz-Anfrage nach einer ersten Verhandlungsrunde. In den öffentlichen Gebäuden soll Rauchen verboten sein, allerdings soll es abgetrennte Raucherräume geben. Uneinig seien sich die Koalitionsfraktionen bei Rauchverboten in Gaststätten.
Binding und zwei weitere Sozialdemokratinnen wollten ursprünglich mit einem fraktionsübergreifenden Gruppenantrag ein absolutes Rauchverbot in allen Restaurants, Cafés, Bars und Diskos durchsetzen. Nachdem die Union trotz monatelanger Beratungen dazu keine Position fand, machten die Rauchverbieter aus der SPD Druck und kündigten an, ihren Antrag im Bundestag abstimmen zu lassen. Daraufhin erklärte die Union, doch einen Kompromiss der Regierungsfraktionen suchen zu wollen.
Binding und seine Kolleginnen wollen sich darauf zunächst einlassen. Bisher haben ihren Antrag gut 140 Abgeordnete aus ihrer Fraktion, der Linksfraktion sowie einige wenige Unionspolitiker unterschrieben. Selbst wenn man die gesamte Grünen-Fraktion und weitere Unions- und SPD-Politiker hinzurechnet, würde es äußerst knapp. „Ich will nicht mit einer 100-Prozent-Lösung glücklos bleiben“, sagte der SPD-Abgeordnete. Alle wollten versuchen, einen Kompromiss zu finden. Allerdings verwies auch Binding auf die Gegensätze bei Rauchverboten für Kneipen und Restaurants. „Die Union will unseren Vorstellungen nicht folgen. Am liebsten wollen sie gar nichts regeln. Das wird keine leichte Sache.“ Auch der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Olaf Scholz, sagte gestern, die beiden Fraktionen seien sich uneins. „Wir haben keinen Zeitplan“, sagte Scholz. „Ich wäre allerdings froh, wenn es schnell geht.“
Bei den gestrigen Beratungen waren Scholz und der parlamentarische Geschäftsführer der Union, Norbert Röttgen, anwesend. Von der SPD nahmen neben Binding die beiden Gesundheitspolitikerinnen Carola Reimann und Margrit Spielmann sowie die tourismuspolitische Sprecherin Annette Faße teil. Die Union vertraten deren Drogenbeauftragte Maria Eichhorn, eine scharfe Qualmgegnerin, der tourismuspolitische Sprecher Klaus Brähmig sowie der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe Hartmut Koschyk. Koschyk ist ein scharfer Gegner von Rauchverboten in der Gastronomie. In seiner Heimat Bayreuth hat der Zigarettenhersteller British American Tobacco (Lucky Strike, Gauloises Blondes) sein deutsches Werk.
Die Grünen-Abgeordnete Bärbel Höhn warf der Union vor, als Lobbyistin der Tabakindustrie aufzutreten. Die Gesundheitsinteressen weiter Bevölkerungsteile würden nicht durchgesetzt. „Deutschland darf nicht weiterhin eines der Schlusslichter in Europa sein, was den Nichtraucherschutz angeht.“ Die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Martina Bunge (Linke), sagte: „Es kann nicht sein, dass die Politik im Hin und Her zwischen Koalitionsstreitereien und Lobbyinteressen den Ansatz eines besseren Nichtraucherschutzes zerredet.“
Befürworter und Gegner von Rauchverboten legten gestern erneut gegensätzliche Zahlen über die Entwicklung der Gastronomiebranche in Irland vor. Dort gilt seit März 2004 ein absolutes Rauchverbot. Ein Firmensprecher von Reemtsma sagte der Nachrichtenagentur dpa, in Irland seien seit Einführung der Regelung 7.500 Arbeitsplätze verloren gegangen und die Umsätze in der Gastronomie um 16 Prozent zurückgegangen. Dagegen teilte das Deutsche Krebsforschungszentrum unter Berufung auf das zentrale statistische Amt Irlands mit, die Beschäftigtenzahl sei von Juni/August 2004 bis März/Mai 2006 von 110.200 auf 119.400 Beschäftigte gestiegen. Rund 2.000 Arbeitsplätze seien seit der Einführung der rauchfreien Gastronomie neu geschaffen worden.
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