: Lage in Afghanistan wird immer instabiler
Nato erweitert Isaf-Einsatz auf das ganze Land. Die internationale Truppe gerät unter zunehmenden Druck
KABUL/BERLIN rtr/taz ■ USA und UNO sind besorgt über die massive Zunahme von Taliban-Angriffen in Afghanistan. Im Grenzgebiet zu Pakistan im Osten des Landes habe sich die Zahl der Angriffe in einigen Regionen zum Teil verdreifacht, sagte ein US-Militärsprecher am Donnerstag. Nach Nato-Angaben hat die Nato-geführte internationale Schutztruppe Isaf, zu der auch das Bundeswehrkontingent gehört, dieses Jahr bereits 56 gezielte Selbstmordanschläge mit insgesamt 171 Toten erlebt. Seit Januar sind fast 140 ausländische Soldaten in Afghanistan gefallen.
Die UN-Menschenrechtsbeauftragte Louise Arbour sprach von der schlechtesten Sicherheitslage in Afghanistan seit dem Sturz der Taliban vor fünf Jahren. „Zivilisten werden immer wieder indirekte Opfer der Angriffe der Aufständischen, aber auch des afghanischen Militärs und der Isaf“, sagte sie gestern in Genf. Im Süden Afghanistans toben seit Monaten Kämpfe zwischen den Taliban und Isaf-Truppen aus Großbritannien, Kanada und Holland.
Angesichts der Lage rief US-Präsident George W. Bush die Präsidenten Afghanistans und Pakistans bei einem Gipfeltreffen im Weißen Haus zu einer verstärkten Zusammenarbeit auf. Die Nato-Verteidigungsminister beschlossen gestern bei einem Treffen in Slowenien, den Einsatz der Nato-kommandierten Isaf-Truppe „so bald wie praktikabel“ auf das gesamte Land auszudehnen. Bislang operierte die Nato-Truppe Schutztruppe Isaf auf 87 Prozent des afghanischen Staatsgebietes – in der Hauptstadt Kabul sowie im Norden, Westen und seit August auch im Süden. Das größte Kontingent der Isaf stellt Großbritannien mit rund 5.000 Mann. Im Osten Afghanistans ist die US-geführte Truppe „Enduring Freedom“ aktiv, die fast ausschließlich aus US-Soldaten besteht.
Die Übernahme Ostafghanistans durch die Nato würde rund 10.000 US-Soldaten der Operation „Enduring Freedom“ der Isaf unterstellen und könnte in etwa zwei Wochen vollzogen werden, hieß es in Nato-Kreisen. Im Februar 2007 soll das Isaf-Kommando von Großbritannien an die USA übergehen. Derzeit stehen etwa 40.000 ausländische Soldaten in Afghanistan, so viele wie noch nie seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001. D. J.