: Übermensch in Uniform
Aufrüstung der Ausrüstung: Der Soldat der Zukunft hat GPS im Helm, eine Klimaanlage im Unterhemd und ein Display im Visier. Weil er Nährstoffpflaster trägt und Amphetamine nimmt, kann er eine Woche durchkämpfen – gruselig? Sehr sogar. Science-Fiction? Leider nicht. US-Forscher lassen Mensch und Maschine verschmelzen von Wolfgang Gast
Ein GPS-System im Helm hilft dem Soldaten beim Navigieren. Über das Headset seines Funkgeräts kann er sich jederzeit mit seinen Vorgesetzten oder den Kameraden in Verbindung setzen und taktische Informationen in Echtzeit auf das Visier projizieren. Ein „Combat ID Dismounted Soldier System“ weist ihn per Funksignal als US-Soldaten aus und verhindert, unter Beschuss der eigenen Truppen zu kommen. Der „Stahlhelm“ besteht schon lange nicht mehr aus Metall, es wird durch Verbundstoffe aus Kevlar und Aramit ersetzt. In der Entwicklung sind stoßabsorbierende Materialien.
Ins Helmvisier ist ein Computerdisplay eingelassen. Der Soldat kann darauf die Bilder einer Videokamera und eines Infrarotgeräts, die beide auf sein Sturmgewehr montiert sind, betrachten. Indem der Soldat entweder auf oder durch sein Visier schaut, kann er blitzschnell zwischen virtuellem und realem Kriegsbild wechseln. Bei fortgeschritteneren Versionen der „Land-Warrior“-Ausstattung muss der Computer nicht mehr per Knopfdruck bedient werden, er kann über die Stimme gesteuert werden.
Das Unterhemd wird zur mobilen Klimaanlage, in der je nach Klima und Bedarf kalte oder warme Flüssigkeit batteriebetrieben durch ein komplexes Kapillarsystem gepumpt wird (Advanced Lightweight Microclimate Cooling System). Physiologische Messfühler, kleinste Computerchips und ausgeklügelte Nanotechnik erfassen laufend Daten über Blutdruck, Herzfrequenz, Körpertemperatur und Kalorienverbrauch. Diese werden – wie auch jede Verletzung – automatisch an das nächstgelegene Feldlazarett übermittelt. Den neuen Kampfanzug entwickelt das Army Soldiers Systems Centre in Natick, Massachusetts.
Die Bewaffnung des GI ist einsatzorientiert: Die Palette reicht von sogenannten „nicht-tödlichen“ Waffen zur Aufstandsbekämpfung bis zu Systemen höchster Durchschlagskraft. Im Gefecht soll der Anteil der tödlichen Treffer bei einer Entfernung von 500 Metern auf 75 Prozent steigen.
Nichts ist wichtiger für die „Kampfmoral“ als ein effizienter Selbstschutz. Herkömmliche Schusswesten sind zur Abwehr von Gewehrkugeln nur bedingt geeignet. US-Waffenforscher setzen hier auf neue Verbundstoffe aus gehärtetem Stahl, Fiberglas und wabenförmiger Keramik.
Die zukünftige Uniform des US-Soldaten besteht aus „interactive textile“. Sie wird mit winzigen Partikeln beschichtet, die die Lichtstrahlen und damit die Farben der Umgebung reflektieren – eine perfekte Tarnung.
Übermenschlich fit muss der Soldat sein, um dem „24/7-Standard“ zu genügen. Das heißt, er soll eine Woche rund um die Uhr kämpfen können. Auf dem Schlachtfeld ernährt er sich über aufgeklebte Nährstoffpflaster, ein Tank im Rucksack versorgt ihn mit Wasser, und neu entwickelte Amphetamine bannen die Müdigkeit. In den Visionen für das Jahr 2020 trägt der GI ein externes Skelett, künstliche Zusatzmuskeln sollen seine Kampfkraft stärken. Daran forscht unter anderem das Massachusetts Institute of Technology.
Der Staub an den Stiefeln wird intelligent. Tausende sandkorngroße Minicomputer vernetzen sich zu „smart dust“ – ein Sensoren-Netzwerk, das, über gegnerischem Gebiet verbreitet, zum Beispiel Daten über feindliche Truppenbewegungen übermittelt. Die dem Pentagon unterstehende Forschungsbehörde Darpa hat für entsprechende Forschungsaufträge Millionenbeträge freigegeben, an der University of California wird an einem Betriebssystem für den „smart dust“ gearbeitet.