IM BRACHLAND : Nicht gut genug
Mein Saab gibt komische Geräusche von sich. Selbst wenn der Motor aus ist. Das gibt mir zu denken. Warum macht er das? Bin ich ihm nicht gut genug? Mir geht das Kratzen und Schaben auf die Nerven. Also bringe ich den Saab zum Reparatör, denn die Sonne scheint. Ein Werkstattkunde trägt Sonnenbrille. „Wo haste denn die Mafia-Brille her.“ „Hab ick uff Kasse jekriegt. Muss ick tragen, weeßte. Ick komm doch von drüben. Da jibt es doch gar keene Mafia, wa.“
Der Reparatör hat sich in der Nähe von Südkreuz niedergelassen, und ich kann danach noch ein wenig durch ein kleines Brachgebiet entlang der Gleise spazieren bis zum einem Bunker ohne Fenster, aber mit nagelneuen Turnschuhen davor. Ein kaputtes Garagentor gibt es auch, direkt davor stehen Bäume. Bemalt ist das Gebäude auch. Hier können die Sprayer üben, ohne Angst haben zu müssen, erwischt zu werden. Auf der Rückfahrt will ich ein Taxi nehmen, aber dann sehe ich, dass es auch einen Bus gibt, der in meine Richtung fährt. Also steige ich in den 248er ein. Der Busfahrer hat eine mafiöse Sonnenbrille auf und eine Schirmmütze. Ich sage: „Blücherstraße“. Er sagt: „Blücherstraße? Jibts die? Na, wird schon so sein. Zwosechzig, aber passend, wenns jeht.“ Ich lege drei Euro hin. „Ick hab keen Kleinjeld“, sagt er. Ich sage: „Behalten Sie den Rest.“ – „Ne, det kann ick nich. Nehmses wieder.“ Ich nehme das Geld wieder und setze mich.
Ich hole Fup vom Kinderladen ab und gehe mit ihm auf den Fußballplatz. Seit Fup mitbekommen hat, dass es Ecke gibt, wenn einer den Ball über den kleinen Zaun geschossen hat, macht er das auch ständig. „Ecke“, sagt er dann, auch wenn er allein ist und ich im Tor stehe. Dann aber spielen ein paar andere Jungs mit, unter anderem ein fünfjähriger Kleinwüchsiger. Er sagt zu mir: „Du bist gut. Aber nicht gut genug.“
KLAUS BITTERMANN