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Die Freude währt nur kurz

Flüchtlinge wollen O-Platz räumen

VON ANTJE LANG-LENDORFF

Die Verantwortlichen auf Bezirks- und Landesebene dürften am Dienstag aufgeatmet haben: Ein Großteil der Flüchtlinge vom Oranienplatz will die Zelte abbauen und in ein Haus umziehen. Ein beachtlicher Verhandlungserfolg von Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD). Noch vor wenigen Wochen hätte kaum jemand gedacht, dass es für das Camp eine weitgehend einvernehmliche Lösung geben wird.

Doch die Freude dürfte nur von kurzer Dauer sein. Denn nun stehen Klaus Wowereit (SPD) und Kollegen vor dem nächsten Dilemma: Wie soll man mit der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule verfahren? Vor allem CDU-Innensenator Frank Henkel hatte darauf gedrängt, dass die Flüchtlinge dort ausziehen müssen. So steht es im Angebot, das Kolat gemacht hat. Doch die in der Schule Wohnenden wollen nicht weg.

Theoretisch müsste der Senat das Gebäude jetzt also räumen lassen. Doch Wowereit ist lang genug Regierender Bürgermeister, um zu wissen, was das bedeuten würde: In Kreuzberg wäre wohl vorerst jeden Tag 1. Mai.

Betten und Duschen

Auch kann das Land die Oranienplatz-Flüchtlinge schwerlich für das Verhalten der Schulbewohner bestrafen – etwa Zugeständnisse wie eine Beratung im Asylverfahren zurückzuziehen. Schließlich handelt es sich bei den Flüchtlingen um keine Gruppe, wo einer für den anderen verantwortlich ist.

Man kann nur hoffen, dass Wowereit Henkel weiterhin an der kurzen Leine hält und stattdessen noch mal Kolat als Verhandlerin vorschickt. Durchaus möglich, dass sich der ein oder andere doch noch für eine geregeltere Unterkunft mit Betten und Duschen gewinnen lässt.

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