piwik no script img

Archiv-Artikel

Kurdische Rebellen erklären Feuerpause

Die türkische Regierung weist die Ankündigung einer sofortigen Waffenruhe durch die Separatistenorganisation PKK zurück. Doch nach einer US-Vermittlung sind die Fronten in Bewegung geraten. Iraks Kurden spielen dabei eine wichtige Rolle

AUS ISTANBUL JÜRGEN GOTTSCHLICH

Die kurdische Separatistenbewegung PKK hat angekündigt, ab sofort einen unbefristeten Waffenstillstand einzuhalten. Der Chef des militärischen Flügels der kurdischen Arbeiterpartei, Murat Karayilan, sagte in der PKK-Basis im Nordirak, die Kämpfer der PKK würden ab sofort nur noch schießen, wenn sie angegriffen werden.

Der Ankündigung Karayilans vorausgegangen war ein Aufruf des inhaftierten PKK-Chefs Abdullah Öcalan, der am Freitag über seine Anwälte verbreiten ließ, es sei nun genug Blut geflossen, und die Menschen in der Region verlangten nach einer friedlichen Lösung. Er forderte deshalb seine Gefolgsleute auf, die Waffen schweigen zu lassen. Ob sich die sogenannten kurdischen Freiheitsfalken (TAK) an den Waffenstillstand halten. Die TAK sind für die Bombenanschläge in den Touristengebieten verantwortlich, die Sicherheitskräfte der Türkei halten sie für eine Unterorganisation der PKK. Noch gestern Mittag explodierte in der südtürkischen Hafenstadt Mersin, einer Hochburg der PKK, erneut eine Bombe.

Die türkische Regierung reagierte auf die Erklärung aus den irakischen Kandil-Bergen zunächst wie auf frühere Waffenstillstandsankündigungen der PKK. Ministerpräsident Tayyip Erdogan, der sich zurzeit in Washington aufhält, erklärte, ein Waffenstillstand könne nur zwischen zwei Staaten vereinbart werden und nicht mit einer Terrororganisation.

Neben dieser offiziellen Reaktion gibt es jetzt aber inoffizielle Gespräche, die hoffen lassen, dass die Waffenruhe länger Bestand haben könnte. Es ist kein Zufall, dass die PKK ihre Feuerpause just einen Tag, ehe Erdogan zu einem Gespräch mit US-Präsident George W. Bush zusammenkommt, verkündet. Vorausgegangen waren Gespräche des amerikanischen Exgenerals Joseph Ralston, die dieser als Sonderbeauftragter des Präsidenten im Nordirak und der Türkei geführt hatte. Ralston soll dafür sorgen, dass die Türkei, die kurdische Regierung im Nordirak und die US-Truppen gemeinsam gegen die PKK vorgehen.

Ralston war von Bush eingesetzt worden, nachdem die Türkei mit einem Einmarsch im Nordirak gedroht hatte, wenn die US-Truppen nicht endlich etwas gegen Angriffe der PKK gegen Ziele in der Türkei unternehmen. Allein in diesem Jahr sind bei PKK-Angriffen 90 Soldaten und Polizisten getötet worden.

Offensichtlich hat Ralston die irakische Kurden so weit unter Druck gesetzt, dass diese sich trotz ihrer Sympathien für die PKK genötigt sahen, den Öcalan-Gefolgsleuten nahe zu legen, ihre Angriffe einzustellen. Als Erstes hatte letzte Woche der irakischer Staatspräsident Jelal Talabani, ebenfalls von Washington aus, bekannt gegeben, dass die PKK in wenigen Tagen einen Waffenstillstand verkünden werde. Falls die nordirakischen Kurdenführer Talabani und Massud Barsani diese Position auch längerfristig bei der PKK-Führung durchsetzten, stiege die Chance, dass auch wieder über politische Lösungen geredet würde.