Zypries: Keine Strafe für Antifa

Wer aus Protest gegen Neonazis Hakenkreuze verfremdet, soll sich nicht strafbar machen, sagt die Justizministerin. Gegebenenfalls will sie das Gesetz ändern

FREIBURG taz ■ Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) ist gegen eine Bestrafung der Verwendung von Antifa-Symbolen wie dem durchgestrichenen Hakenkreuz. Notfalls wolle sie das Strafgesetzbuch ändern, sagte sie der taz. Zypries reagierte damit auf ein Urteil des Landgerichts Stuttgart, das am Freitag einen Versandhändler wegen Verbreitung verfassungsfeindlicher Symbole verurteilt hatte.

„Sollte auch der Bundesgerichtshof zu der Meinung kommen, dass unsere Gerichte in diesen Fällen eine Bestrafung fordern, dann ist mit dem Gesetz etwas nicht in Ordnung“, so Zypries, „und dann werden wir das ändern.“ Auch Grünen-Chefin Claudia Roth forderte den Gesetzgeber zur Klarstellung auf. Gegen Roth und den SPD-Politiker Niels Annen laufen bei der Stuttgarter Staatsanwaltschaft ebenfalls Ermittlungsverfahren. Aus Solidarität mit dem nun verurteilten Versandhändler hatten sie sich im Sommer selbst angezeigt. Auch sie hätten schon T-Shirts mit durchgestrichenem Hakenkreuz getragen.

SPD-Vorsitzender Kurt Beck sagte, er verstehe nicht, dass die Verachtung von Nazi-Symbolen gleichgesetzt werde mit der Verbreitung der Symbole.

Das Landgericht Stuttgart hatte argumentiert, man dürfe sich an das Hakenkreuz nicht gewöhnen. Der verurteilte Jürgen Kamm ist Geschäftsführer des Versandhandels „Nix Gut“ aus dem schwäbischen Winnenden. Er muss 3.600 Euro Strafe zahlen, weil er T-Shirts, Anstecker und Aufnäher verkauft hat, auf denen durchgestrichene, zertrümmerte und weggeworfene Hakenkreuze zu sehen sind.

Aus Protest gegen das Urteil hängten die Grünen am Wochenende ein entsprechendes Transparent aus ihrer Bundesgeschäftsstelle in Berlin. Strafrechtliche Konsequenzen müssen sie laut Berliner Staatsanwaltschaft nicht fürchten: Verfremdete Hakenkreuz-Abbildungen, die ausdrücklich im Kampf gegen Neonazis eingesetzt werden, sollen nicht strafrechtlich verfolgt werden, sagte Oberstaatsanwalt Jörg Raupach dem Tagesspiegel. CHRISTIAN RATH