: Große Koalition zeichnet sich ab
SPÖ-Parteichef Alfred Gusenbauer könnte der nächste Bundeskanzler Österreichs werden
BERLIN taz ■ Bei der Parlamentswahl in Österreich hat die regierende Volkspartei am Sonntag schwere Verluste erlitten und könnte damit den Führungsanspruch im nächsten Nationalrat verlieren. Nach einer Hochrechnung des Österreichischen Fernsehens ORF verlor die Partei von Kanzler Wolfgang Schüssel knapp 8 Prozentpunkte und lag mit 34,5 Prozent um 1,3 Prozentpunkte hinter den Sozialdemokraten (35,8). Leichte Gewinne erzielten sowohl die rechtsgerichtete Freiheitliche Partei und die Grünen.
Politische Beobachter erwarten nach dem Ergebnis die Bildung einer schwarz-roten großen Koalition. Die Wahlbeteiligung lag nach ersten Angaben unter der von vor vier Jahren (84,5 Prozent).
Ob Wolfgang Schüssels bisheriger Koalitionspartner, das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) des Kärntner Rechtspopulisten Jörg Haider, den Sprung in den Nationalrat geschafft hat, war zunächst noch ungewiss. Seine neue Partei lag nach ersten Hochrechnungen bei 4,1 Prozent und damit knapp über der Vierprozenthürde.
SPÖ-Sprecher betonten unmittelbar nach Bekanntwerden der Hochrechnungen den Führungsanspruch der bisherigen Oppositionspartei. Der SPÖ-Vorsitzende Alfred Gusenbauer: „Wir haben unser Wahlziel, Erster zu werden, erreicht.“ ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka räumte dagegen in einer ersten Stellungnahme „herbe Verluste“ für seine Partei ein. Die Kanzlerpartei verlor allein in der Hauptstadt Wien rund 10 Prozentpunkte. Der ÖVP-Fraktionsvorsitzende im Nationalrat, Wilhelm Molterer, deutete an, dass seine Partei auch bereit sei, im Falle einer großen Koalition als kleiner Partner zu fungieren. Die Verantwortung liege jetzt bei SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer.
Im Gegensatz zu den beiden großen Parteien konnten die kleinen Parteien leichte Gewinne erzielen. Die rechtsgerichtete Freiheitliche Partei (FPÖ) (11,1 Prozent) und die Grünen (10,3 Prozent) können im nächsten Nationalrat mit zusätzlichen Mandaten rechnen. Die Bürgerliste des Brüsseler EU-Rebellen Hans-Peter Martin scheiterte danach jedoch mit 2,9 Prozent an der Vierprozenthürde. Meinungsumfragen hatten vor der Wahl einen knappen Sieg der ÖVP erwartet.