: Rechtsextremer baut für MigrantInnen
Die zweitgrößte Moschee Deutschlands wird von einem Rechtsextremisten gebaut. Der Solinger Unternehmer Günther Kissel hat bereits zahlreiche öffentliche Aufträge erhalten - trotz seiner rassistischen und nationalistischen Haltung
DÜSSELDORF taz ■ Manchmal ist Geld wichtiger als Ideologie. Zum Beispiel, wenn eine Stadt wie Solingen eine neue Schule baut. Dann muss sie ihren Auftrag laut EU-Recht an den günstigsten Anbieter vergeben. Wegen dieser Regel hat Günther Kissel, ein Bauunternehmer aus Solingen und bekannt für seine rechtsextremen Äußerungen, in der Vergangenheit viele öffentliche Aufträge bekommen - trotz seines nationalistischen Weltbilds. Nun wurde bekannt, dass Kissels Unternehmen zurzeit die zweitgrößte Moschee Deutschlands in Duisburg-Marxloh baut: „Wir haben keine Möglichkeit, auf die Weltanschauung Rücksicht zu nehmen“, sagt Günter Braun, Prokurist der Entwicklungsgesellschaft Duisburg.
Dabei besteht spätestens seit 1997 kein Zweifel mehr an Kissels rechtsextremer Gesinnung. Das Wuppertaler Landgericht sprach damals die Herausgeber der Solinger Zeitung „tacheles“ frei, gegen die Kissel wegen Rufmord geklagt hatte. Das Ergebnis: Der Richter fand genug Gründe, um Kissel als „Auschwitzleugner“ zu bezeichnen. „Seit ich denken kann, ist er in rechtsextremen Kreisen engagiert“, sagt Frank Knoche, grünes Ratsmitglied aus Solingen und Herausgeber von „tacheles“. So habe Kissel mit dem Rechtsextremisten Horst Mahler vor zwei Jahren Spenden für verurteilte Auschwitzleugner gesammelt.
Laut Staatsschutz ist Kissel als Sponsor rechter Organisationen bekannt. Auch sei er des öfteren durch rassistische Leserbriefe aufgefallen, in denen er etwa die Opfer des rechtsextremen Brandanschlags im Jahr 1993 auf ein von MigrantInnen bewohntes Haus verharmloste, sagt Knoche. Durch den Anschlag wurden damals fünf Personen getötet. Besonders pikant: Nachdem Kissel einen Auftrag für den Bau eines Altenwohnheims in Solingen erhalten hatte, wehrte er sich erfolgreich dagegen, das Heim nach der israelischen Partnerstadt „Ness Ziona“ zu benennen.
Trotzdem gingen laut Knoche mehrere öffentliche Bauaufträge an Kissels Unternehmen Kissel-Rapid GmbH, etwa für einen Anbau an die Solinger Geschwister-Scholl-Schule. Anfang letzten Jahres hatte sich der 89-jährige Kissel schließlich erfolgreich um den Bau der zweitgrößten Moschee Deutschlands in Duisburg beworben. Bis Mitte nächsten Jahres wird in Duisburg-Marxloh noch gebaut. Auch in Duisburg lief das Verfahren öffentlich, weil mit EU- und Landesgeld in der Moschee eine Begegnungsstätte eingerichtet werden soll. Die Stadt Duisburg verhandelte über das günstigste Angebot, das schließlich von Kissel kam.
„Es liegt als Bauherr nicht in unserer Hand, wer den Auftrag bekommt“, sagt Zülfiye Kaykin, Geschäftsführerin der Begegnungsstätte. Als die islamische Gemeinde Ende letzten Jahres über die rechtsextreme Haltung von Kissel erfahren hatte, „waren wir bestürzt und verängstigt“, so Kaykin. Umsonst, denn das Verfahren konnte nicht mehr rückgängig gemacht werden. „Wir müssen uns an das Vergaberecht halten“, erklärt Prokurist Braun.
Gegen die Geschäfte der Baufirma regt sich inzwischen Widerstand bei den rechtsextremen Kameraden der NPD: „Wer national eingestellt ist, darf so eine Moschee nicht unterstützen“, schäumt Frank Theissen von der NPD in Duisburg. „Ich werde den nicht mehr an meinem Tisch dulden.“ Im Juli 2005 protestierte der Nationalist Theissen zusammen mit dem bekannten Neonazi Axel Reitz und rund 200 Anhängern gegen den Bau der Moschee. Dass gerade ein der NPD nahe stehender Unternehmer den Auftrag für den Bau bekam, dürfte das einfach gestrickte Weltbild der Neonazis arg durcheinander bringen. MORITZ SCHRÖDER