Ein Blick in Richtung Ratgeber

Die Grünen und das Feld

Die Grünen sollten dringend mal im Buchladen vorbeischauen und sich einen Titel wie „Simplify your life“ besorgen

Das Gezerre um das Tempelhofer Feld zeigt bei den Grünen vor allem eines: Sie sollten dringend mal im Buchladen vorbeischauen und sich einen Titel wie „Simplify your life“ besorgen. Darin stehen zwar lauter Sachen, die einem auch Oma Erna oder sonst wer mit gesundem Menschenverstand sagen könnte. Aber da es bei den Grünen nicht so viele von dieser Sorte zu geben scheint, muss eben Ratgeberliteratur her. Und deren Tenor ist: Mach die Sache nicht schwerer, als sie sowieso schon ist.

Genau daran aber leiden die Grünen ganz klassisch: gute Idee, verkorkste Umsetzung – siehe Veggie-Day. Beim Parteitagsbeschluss vergangenes Wochenende war das wieder zu diagnostizieren: Die Bürgerinitiative, die das Feld unbebaut lassen möchte, soll unterstützt werden – obwohl die Grünen eine Randbebauung eigentlich wollen – bloß anders und mit mehr Bürgerbeteiligung.

Man kann ja sagen: Nein, das komplett unbebaute Feld ist mir wichtiger als neue Wohnungen dort – die kann man auch anderswo bauen. Das wäre eine klare Ansage. Aber sich eigentlich für Bebauung auszusprechen, sie aber wegen der bisherigen Planungen abzulehnen, um dann nach einem möglichen Erfolg der Initiative das Bauverbot wieder aufzudröseln zu wollen?

Das zu verstehen, verlangt schon ein hohes Abstraktionsvermögen. Parteien aber sollten Politik erklären, nicht verkomplifizieren. Zumal die Fraktionschefs von SPD und CDU in dieser Woche bei einer Radfahrt übers Feld zugesagt haben, es solle bei der weiteren Planung eine über das Vorgeschriebene hinausgehende Bürgerbeteiligung geben.

Natürlich kann man da sagen: Wer das den Rot-Schwarzen glaubt, glaubt auch an den Weihnachtsmann. Aber sogar dieser Glaube erscheint immer noch angemessener als eine Partei, die sagt, sie wolle sich direkt nach dem Volksentscheid – den sie ja zumindest offiziell gewinnen und damit per Gesetz Wohnungsbau auf dem Feld verhindern will – mit ihren Planungen hinstellen und sofort über eine Änderung ebendieses Gesetzes reden. Wie gesagt: Simplify your life. STEFAN ALBERTI