: „Ohne taz online geht es nicht“
Eine neue Online-Ausgabe soll taz-Leser besser vernetzen und neue erreichen. Gut?
Auf der Mitgliederversammlung der taz-Genossenschaft wurde darüber berichtet, dass die taz an einer neuen Online-Ausgabe arbeitet. Online-Beauftragter ist der frühere taz-Redakteur Mathias Bröckers. Grund: Jüngere Menschen lesen kaum noch Zeitung. Auch die Werbung verlagert sich ins Internet. Eine neue taz online sei schlicht eine weitere Publikationsart, um die Geschichte der taz mit dem Morgen zu verbinden und mit neuen LeserInnen, die mit Print allein nicht zu erreichen sind, argumentiert unser stellvertretender Chefredakteur Peter Unfried. Die Vorstellung der Online-taz führte zu einer engagierten Debatte, die wir vertiefen wollten. Letzte Woche fragten wir die GenossInnen:
1. Was halten Sie davon? 2. Nutzen Sie die derzeitige Online-taz? 3. Was wünschen Sie sich von einer verbesserten Online-Ausgabe?
Wir haben bisher 465 Rückmeldungen bekommen. Das ist, vorsichtig gesagt, unglaublich. Es zeigt uns, wie sehr die GenossInnen interessiert sind und bereit, sich an der Entwicklung der taz zu beteiligen. Leider können wir nicht alle Antworten, Ideen und Vorschläge dokumentieren. Hier ein Auschnitt.
Ad 1. Begrenzter Ausbau ja, aber „kostenneutral“ und so, dass kein Risiko für die Druckausgabe besteht (insbesondere also sorgfältig geprüft wird, ob ein eventuelles vorzeitiges Einstellen von Artikeln dazu führt, dass die von anderen Zeitungen geräubert werden) und kein unüberschaubarer Zusatzaufwand für die eh schon gut beschäftigte Redaktion. Ad 2. Ich nutze die Online-Ausgabe der taz gelegentlich, um direkte Links auf interessante Artikel an politische FreundInnen zu verschicken, von denen ich nicht weiß, ob sie ein taz-Abo haben. Und zum Zitieren von Artikeln in eigenen Texten. Meine Kinder haben die taz online gelesen, als sie als Austauschschüler in Frankreich und damit außer Reichweite des Familienabos waren. Ad 3. Konkret vorstellen könnte ich mir weiterführende Links zu Hintergrundartikeln sowie zusätzliche LeserInnenbriefe (es gibt da ja sicherlich viel mehr, als gedruckt werden können). UTE FINCKH
Hallo, finde die Idee gut, da ich auch von vielen jungen Leuten weiß, dass sie keine Tageszeitung lesen. Mein Neffe (22 und leider politisch neoliberal) bekam von mir jedes Jahr ein Vierteljahr taz zum Geburtstag, inzwischen liest er die Online-Ausgabe gelegentlich (obwohl politisch weit von der taz entfernt, beeindruckt ihn die Recherche) von selbst. Und ich spende das Abo einer Einrichtung. Also für Nichtabonnenten ist auf diese Weise eine politische Weiterbildung oder ein Neugierigmachen möglich. Ich selber lese die Online-taz nur gelegentlich, da ich die Papierausgabe bevorzuge. TINA HEHN-OLDIGES
1. Was halten Sie davon? Sehr sehr viel, auch ich alter Knacker benutze tagsüber, wenn es die Zeit zulässt, die „Online-Medien“ im Büro. Die Zeitung liest derweil Muttern. 2. Ich nutze die Online-Ausgabe der taz, aber selten, weil das Angebot hinter z. B. Spiegel ziemlich zurückfällt. 3. Ich wünsche mir z. B. diese genialen „News-Reader“ in einer Sidebar, wie von Tagesschau, Spiegel (schon wieder). Also ich meine, der Spiegel ist, was die Funktionalität angeht, ein gutes Vorbild. Über den Inhalt lässt sich trefflich streiten. Also kreativ sein und die Vorbilder übertreffen, übt mal schön. Ach ja, der taz-Online-Auftritt sollte möglichst unauffällig aussehen, damit die Nutzung im Büro nicht auffällt. JOACHIM POTTKAMP
Ohne taz online geht’s nicht, selbst wenn ich zuhause bin, ist die taz-online mein archiv. eine online-redaktion sollte neben der tgl. taz allerdings auch eine eigenstaendige journalistische qualitaet entwickeln (multimedia, video/audio inklusive). Blogs zu diversen themen und serviceangebote (entweder nur per link auf andere seiten oder in zusammenarbeit mit stadt- oder regionalmagazinen) wuerde ich mir ebenfalls wuenschen. Da ich selber radio mache und viel radio hoere, faende ich eine seite ganz nuetzlich, auf der das taegl. radioprogramm ueber gezielte tipps erschlossen werden wuerde. Viele sender sind inzwischen online per livestream abrufbar, aber eine site fehlt, um die vielen tollen programme kurz und buendig im sinne einer vorankuendigung zu erschliessen. die print-taz hat so was leider nicht. PAUL NELLEN, Z.Z. KALIFORNIEN
Ich halte eine dauernde und tagesaktuelle Online-Präsenz der taz für unabdingbar. Der Trend geht in weiten Teilen der Informationslandschaft zu kurzen und wenig in die Tiefe gehenden Nachrichten. Das Risiko bestünde daher allerdings, dass derzeitige oder potenzielle taz-Lesende nur noch die (kostenfreie) Online-Ausgabe nutzen und die gedruckte Ausgabe an Auflage verliert. Das ließe sich wohl nur dann verhindern, wenn der Charakter der Online-Ausgabe von dem der Papier-taz abweicht, so dass beide nicht direkt miteinander konkurrieren, sondern einander ergänzen. Im Gegenzug würde man aber auch evtl. neue Gruppen über das Internet erreichen, die sonst nie die taz in die Hand nehmen würden, z. B. auch durch indirekte Seitenaufrufe über die Ergebnisse von Suchmaschinen. JOACHIM WAGNER
Ich lese die taz seit geraumer Zeit aus Zeitgründen nur noch ONLINE. Der Vorteil für mich natürlich der kostenlose Preis. Die Werbung stört mich dabei nicht. Gleichzeitig lese ich aber auch Spiegel Online und Netzeitung. Eine eigene Onlinezeitung der taz finde ich riskant und fände es besser, mit der Netzeitung zu kooperieren. Einfach ein paar Artikel für die Netzeitung schreiben und dabei etwas Werbung für die taz machen dürfte sinnvoller sein. Ich denke nicht, dass eine neue Onlinezeitung eine Chance auf Profitabilität hat. Sie müsste einen deutlichen Mehrwert gegenüber anderen Onlinezeitungen bringen und das ist teuer. Viel Erfolg bei den Bemühungen, die taz zu verbessern. ANDREAS GRENZDÖRFER
Letztendlich muss es der Netzversion gelingen, mehr Leute anzusprechen als die bisherige Klientel der Zeitung, das wären dann vor allem jüngere 18- bis 30-Jährige (schwieriger Spagat, der Printausgabe gelingt es ja seit Jahren nicht, die 50.000 dauerhaft zu binden). Ich lese die taz immer noch zum Frühstück in Papierform und genieße das.DR. GERIAN GRÖNEFELD
Hallo taz! 1.: sinnvoll. 2.: Nein – ich bin traditioneller Auf-dem Sofa-sitzen-und-Zeitung-genießen-Leser. Antwort zu 3.: ??? W. KOMO
Ich selbst nutze die Online-taz überhaupt nicht, weil ich nicht so gern am PC sitze. Wenn es darum geht, längere Texte zu lesen, mache ich es mir lieber mir einer „echten“ Zeitung auf dem Sofa gemütlich. Mein Eindruck ist allerdings, dass ich mit dieser Einstellung etwas rückständig bin; für viele Leute aus meinem Bekanntenkreis ist das Internet die Informationsquelle schlechthin. Insofern halte ich eine Online-Ausgabe der taz, evtl. mit eigener Redaktion, für durchaus sinnvoll und kann mir gut vorstellen, dass man damit Leser erreicht, die die Papier-Ausgabe nicht kaufen würden bzw. die vielleicht durch die Online-Ausgabe überhaupt erst erfahren würden, dass es die taz überhaupt gibt. HEIKE WINKLER
Ich lese fast nur die Online-Ausgabe der taz. Sie ist für mich die Möglichkeit, am Morgen die aktuelle taz durchzuschauen. Ich brauche keine extra redaktionelle Bearbeitung der Online-Ausgabe. OLOF EGBERS
Ich halte einen zeitgemäßen Internet-Auftritt der taz und dessen kontinuierliche Weiterentwicklung für sehr wichtig. Die Online-Ausgabe der taz nutze ich hauptsächlich als Zusatzangebot. Die Artikel lese ich lieber in der gedruckten Ausgabe. Die Präsentation der aktuellen Ausgabe ist bereits sehr gut. Die Weiterentwicklung sollte sich auf die Ausweitung der Zusatzangebote konzentrieren (z. B. tazBlog, Shop). Noch mehr weiterführende Informationen, Links und Möglichkeiten zum Mitmachen anbieten (z. B. zum Thema „Restlaufzeiten von AKW“ auf alternative Stromanbieter hinweisen). Die Idee, eine taz-Community aufzubauen, finde ich sehr gut. JOACHIM HETZEL
Grundsätzlich halte ich die Idee für gut. Von Freunden/Bekannten weiß ich, dass sie das Internet nutzen, um Zeitung/Zeitschriften zu lesen. Allen voran natürlich Spiegel-Online. Probleme sehe ich wenn überhaupt nur mit der Rentabilität, will schreiben, bekommt die taz fürs Lesen auch Geld?HOLGER SCHIMKAT
Ich nutze sie nicht, werde das auch künftig nicht tun. Wenn Ihr meint, damit jüngere Menschen zu erreichen – was ich nicht beurteilen kann –, müsst Ihr es wohl tun. Gruß, JUTTA ISERMEYER
1.) Eine gut gemachte Online-Ausgabe, hinter der eine gute Online-Redaktion steht, dürfte langfristig den Erhalt der taz sichern. Auch wenn ich selbst ein strikter Gegner der mulitmedialen Gesellschaft bin, ist die Realität halt eine andere. 2.) Ich selbst ertappe mich dabei, wie ich mich schnell mal auf Spiegel-Online oder anderen Nachrichtendiensten über aktuelle Themen informiere (taz-online habe ich bisher allerdings noch nie genutzt – ein Versäumnis!!!) 3.) Auf jeden Fall viele nachrichtliche Themen! THOMAS BÄDER
Ich bin als alter taz-Genosse mit der Print-Ausgabe immer gut gefahren. Sie ist eben handlich und man kann sie auch auf dem Klo lesen oder im Garten. Natürlich sehe ich die Vorteile eines Online-Mediums und würde es gelegentlich auch nutzen. Ich finde aber, dass die taz so was nicht ganz umsonst machen darf, sonst gräbt sie sich das Wasser ab und bedient nur die Billig-billig-Mentalität. BURKHARD STEINMETZ
Ich antworte für Lilian Jensen (meine Frau) und mich selbst. 1.) Für uns (wir sind zwischen 50 uns 60 Jahre „alt“) ist eine Zeitung mit dem Gefühl des Papiers und den ruhigen Momenten am Tage verbunden, wo wir uns hinsetzen und lesen, was es für Scheiße überall gibt. Unsere Computers nützen wir für Emails, Reisereservierungen und für gewisse Suchaufgaben. Für uns beide gilt, dass die Zeitung zum Anfassen sein muss. LILIAN JENSEN UND EMILE CANTOR
Man muss es einfach machen, würde der „Macher“ in einem sagen, und Werbung bringt Absicherung. Aber dann kommt der „Mutlose“ und sagt: Viel zu teuer. Verschwendung von Zeit und Mitarbeiter/Innen-Ressourcen. Aber ich gebe zu bedenken, dass ich zu den Traditionalisten unter den Zeitungslesern gehöre. Eine Zeitung muss in der Hand gelesen werden. Anderseits sagt der „Macher“: Die ohne taz bisher ausgekommen sind, trifft man auch nicht morgens am Briefkasten!?! Aber wie die jungen Menschen (ich bin 56 J.) zu erreichen sind, entgeht meiner Erfahrung. Deshalb viele junge Menschen fragen und/oder machen (Online-taz). ETL (ein treuer Leser) ACHIM KRAUTWIG
Wir setzen die Diskussion fort.