: Airbus-Betriebsräte sammeln sich
„Wir sind vorbereitet“: Die Betriebsräte aller norddeutschen Airbus-Werke haben in Hamburg ihr Vorgehen gegen das Sparprogramm der Konzernleitung koordiniert. Ihre zentralen Forderungen: Kein Stellenabbau und keine Standortschließung
VON SVEN-MICHAEL VEIT
Horst Niehus ist überzeugt: „Der A 380 ist Hamburg nicht wegzunehmen“, glaubt der Betriebsratsvorsitzende des Airbus-Werkes in der Hansestadt. Und wenn die Chefs des kriselnden Luftfahrtkonzerns das doch wagen sollten, „werden sie uns nicht wiedererkennen“. Denn dann, prophezeit Niehus kämpferisch, „werden sie zu spüren bekommen, was Hamburg auf die Beine stellen kann“. Die Belegschaften der fünf anderen Airbus-Werke stünden „geschlossen“ hinter der Deutschland-Zentrale an der Elbe, bekräftigt Thomas Busch, Betriebsratschef im Werk Varel bei Wilhelmshaven: „Wir sitzen alle in einem Boot.“
Gemeinsam mit der IG Metall Küste haben die Betriebsräte aller deutschen Airbus-Werke gestern in Hamburg ihre Haltung gegenüber dem rigorosen Sparkurs „Power 8“ abgestimmt, den die Konzernmutter EADS am Dienstag beschloss. „Kein Stellenabbau und keine Schließung von Standorten – das sind unsere Kernbedingungen“, fasst der Vorsitzende des Konzernbetriebsrates, Rüdiger Lütjen, das Ergebnis zusammen. Aber sonst werde man mit den Spitzen von EADS und Airbus „über alles reden“.
„Wir sind vorbereitet“, verkündet Jutta Blankau, Bezirksleiterin der IG Metall im Norden. Das Management müsse jetzt „mit konkreten Entscheidungen an uns herantreten, dann werden wir reagieren und gegebenenfalls auch agieren“, so Blankau.
Airbus-Chef Christian Streiff hatte einen Personalabbau vor allem „bei den Zeitarbeitskräften außerhalb der Produktion“ angekündigt. Vordringliches Ziel sei die Kostensenkung bei „Material, Qualitätssicherung und Verwaltung um 30 Prozent“. Er schließt weder längere Arbeitszeiten noch Lohnkürzungen und Abstriche bei Weihnachts- oder Urlaubsgeld aus: „Wir müssen bei Airbus“, glaubt der Chef, „schon den Lebensstandard ändern.“
Ein Großteil der in Hamburg für den A 380 neu eingestellten rund 2.500 Beschäftigten sind Leiharbeiter. Im Airbus-Werk Stade ist fast ein Drittel der Belegschaft in einem prekären Arbeitsverhältnis: „Wir haben 1.600 Stamm- und 700 Leiharbeitskräfte“, hat der Stader Betriebsratschef Burkhard Borcherts nachgezählt. In Bremen und Niedersachsen sehe es ähnlich aus. Insgesamt sind dort etwa 10.000 Menschen bei Airbus noch in Lohn und Sold, im Hauptwerk Hamburg knapp 12.000.
Die Probleme der auf Zeit Beschäftigten sieht auch Lütjen. Nach der geltenden Betriebsvereinbarung seien aber „betriebsbedingte Kündigungen bis 2012 ausgeschlossen“, erklärt er. Nach seiner Ansicht gelte das auch für Leiharbeiter. Über „Flexibilisierungen“ ließen die Betriebsräte allerdings mit sich reden, „über Arbeitszeitkonten etwa“. Durch die Lieferprobleme beim A 380 gebe es „eine Delle in der Produktion“, da würden die Arbeitnehmervertretungen sich „einem Beitrag“ zur Konsolidierung des Konzerns nicht verschließen.
Die Hauptursachen für die tiefe Krise des europäischen Luftfahrtkonzerns sehen Gewerkschaften und Betriebsräte jedoch „in erheblichen Planungsfehlern“. Diese müssten gefälligst zuerst „vom Management ausgebadet werden, nicht von den Belegschaften“. Schließlich sei Airbus jahrelang „Everybody‘s Darling“ gewesen und habe ständig „glänzende Quartalsbilanzen“ vorgelegt. „Und jetzt gibt es plötzlich fünf Milliarden Euro Miese“, wundert sich nicht nur Chef-Betriebsrat Lütjen.
Details des powervollen Sparprogramms und Entscheidungen über die Zukunft einzelner Standorte werden frühestens am 18. Oktober erwartet. Dann treffen sich Leitung und Konzernbetriebsrat von Airbus in Toulouse zu einer Sitzung. Zudem wird sich nächste Woche auf Forderung der IG Metall der Aufsichtsrat von Airbus Deutschland mit dem Thema befassen.
Ungewöhnlich schweigsam blieb gestern Hamburgs notorisch redefreudiger Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU). Nach einem Treffen mit den Betriebsratschefs Lütjen und Niehus am frühen Abend lehnte er jede Äußerung ab. Für politische Beobachter in Hamburg ist dies gewöhnlich ein Alarmsignal.
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