: Die Königsmacherinnen
KOALITION Seit 25 Jahren hat keine indische Partei eine eigene Mehrheit erreicht. Auch diesmal werden die Gewinner auf Regionalparteien angewiesen sein
DELHI taz | Der künftige Premierminister Indiens wird mit einiger Sicherheit ein Mann werden – und seine Macht vermutlich einer Frau verdanken. Seit 25 Jahren hat in Indien keine Partei mehr eine eigene Mehrheit bekommen. Dieses Jahr wird die Wahlallianz der BJP wohl die meisten Sitze gewinnen, doch mindestens 20 bis 30 Sitze werden ihr an der Mehrheit fehlen. Diese könnten von einer von drei mächtigen Regionalparteien kommen, die alle von Politikerinnen geleitet werden.
Ziemlich direkt bietet sich die Ministerpräsidentin des südlichen Bundesstaates Tamil Nadu, Jayalalithaa Jayaram, als Unterstützerin der BJP an. Im Wahlkampf soll sie ihre Mitarbeiter angewiesen haben, die BJP und ihren Spitzenkandidaten Narendra Modi nicht zu kritisieren. Der 66-jährigen ehemaligen Schauspielerin werden ein autoritärer Führungsstil und Korruption nachgesagt. Im jetzigen Parlament hat ihre Tamilenpartei AIADMK zwar nur 9 Sitze, doch laut Wahlprognosen dürfte sich die Zahl auf 25 bis 30 erhöhen.
Zurückhaltender ist die Ministerpräsidentin von Westbengalen, Mamata Banerjee, deren Mitte-links-Partei Trinamool Congress („Graswurzel-Kongress“) 2008 gegen die seit Jahrzehnten herrschende Kommunistische Partei gewann und seitdem das Bundesland regiert. In dieser Wahlperiode hatte sie noch die Kongressregierung mit 19 Abgeordneten unterstützt, beendete 2012 aber abrupt die Koalition. Die Zahl der Trinamool-Abgeordneten wird diesmal wohl ebenfalls auf etwa 30 steigen. Banerjee hält Modi zwar als Premierminister für „ungeeignet“, hat eine Koalition mit der BJP aber nicht offen abgelehnt.
In Uttar Pradesh, dem größten Bundesland Indiens, leitet Mayawati Kumari die Bahujan Samaj Party. Aufgestiegen aus einer unberührbaren Kaste, rekrutiert Kumari ihre Unterstützer ebenfalls vor allem aus benachteiligten Kasten. Derzeit hat sie noch 21 Sitze, diese könnten sich bei der Wahl aber auf 10 bis 15 vermindern. Sie hat eine Koalition mit der BJP bisher abgelehnt, aber in der Vergangenheit schon mit ihr zusammengearbeitet.
Neben den Parteien werden auch die Sozialistische Partei sowie die Linksfront unter Führung der Kommunistischen Partei wahrscheinlich jeweils 15 bis 20 Sitze ergattern. Dass sie die Hindunationalisten unterstützen, ist aber so gut wie ausgeschlossen. Auch die im Bundesstaat Bihar regierende Janata Dal (United) könnte erneut rund 20 Sitze erhalten, hat sich aber erst vor Kurzem von der BJP losgesagt. LALON SANDER