: Wirre Welt der Gesetze
Alles, was Recht ist: Noch mehr unglaubliche fremdartige Sitten, Gebräuche und Regeln
Recht und Gesetz müssen sein, darüber sind sich die Juristen weltweit einig. Aber weil es viele Welten auf der Erde gibt, herrscht in manchem Winkel ein anderes Recht als das von zu Hause gewohnte. Darum Vorsicht, wenn man auf dem Globus unterwegs ist! Was ist wo verboten, was ist erlaubt, solange man nicht erwischt wird? Das zu wissen, kann dem mündigen Büger einige schwedische Gardinen ersparen. In Andorra dürfen Frauen nur im Schritttempo Auto fahren und nur, wenn ein Mann in Signalkleidung vor dem Auto hergeht, der an einer langen Stange ein rotes Tuch emporhält oder eine Laterne schwenkt und laut und vernehmlich „Aus dem Weg, Frau am Steuer!“ ruft. Kommt es dennoch zu einem Unfall, so trägt die Frau die Alleinschuld. Wer in China zu Unrecht angeklagt und deshalb freigesprochen wird, wird wegen Irreführung der Behörden verklagt. In Pakistan gilt eine Frau, wenn ein männlicher Verwandter vorbestraft ist, ebenfalls als vorbestraft. Ein Richter, der Geld annimmt, darf nach indonesischem Recht vom Geschädigten angezeigt werden, wenn er die versprochene Gegenleistung nicht erbracht hat. Wer sein Badetuch auf einen freien Liegestuhl legt, schenkt dem nächsten Benutzer des Liegestuhls sein Badetuch, so ein jüngst in Kraft getretenes mallorquinisches Gesetz. Eine Kritik, welcher der Kritisierte nicht zustimmt, wird vom alten irakischen Strafrecht als Beleidigung gewertet und einem versuchten Totschlag gleichgesetzt. Das Strafmaß richtet sich nach der Höchststrafe, die das Gesetz überhaupt kennt. Das Urteil kann, wenn Gefahr im Verzuge ist, auch vor der Tat vollstreckt werden. In Baden-Württemberg gelten saubere Sachen als unsauber, wenn sie nicht wöchentlich gereinigt werden. Wer gewisse Dinge nachmacht oder herstellt und in Verkehr bringt, hat kein Recht, gewisse Dinge nachzumachen oder herzustellen und in Verkehr zu bringen, so eine Bestimmung des weißrussischen Strafgesetzbuchs. Wer in Usbekistan unter Verdacht steht, wird bestraft. Wer in der Türkei dem Türkentum neutral gegenübersteht, kommt wegen Beleidigung des Türkentums ins Gefängnis. Eine Witwe gilt in Uganda als unrein und muss von sämtlichen Männern des Dorfes gereinigt werden. Wer in Deutschland ein Produkt bewirbt, indem er in den Kunden Vorstellungen oder Hoffnungen weckt, die auf beruflichen Erfolg, Glück in der Liebe, soziale Anerkennung und ein sorgloses und angenehmes Leben zielen, geht straflos aus, wenn die Kunden durch den Kauf des Produkts ihr Einverständnis mit dieser Produktwerbung erklären. Im bürgerlichen Recht der westlichen Staaten- und Wertegemeinschaft gilt der Dieb als Besitzer. Seit 2004 werden Gerichtsverhandlungen im US-Bundesstaat Massachusetts im Zuge der Automatisierung der Rechtsprechung auf elektronischem Wege durchgeführt und die Urteilsfindung von einem Computer erledigt. Berufung gegen das Urteil kann gegebenenfalls bei einem Computer der nächsthöheren Leistungsklasse eingelegt werden. In der Europäischen Union ist Folter verboten, die mit diesem Namen belegt ist. Das in Uruguay gültige Erbrecht sieht vor, dass auch Vorstrafen vererbt werden. Männer, die ihre Haare frisieren, gelten in Afghanistan als Frauen. Das Gleiche gilt für Männer ohne Vollbart. Frauen, die keine Kinder bekommen, gelten im indischen Bundesstaat Uttar Pradesh als rechtlos, können aber vom Ehemann als Haustiere weiterhin gehalten werden. Als kinderlos gelten Frauen mit weniger als acht Kindern. Unter den Tschuktschen in Ostsibirien gilt ein Mann, der einen Hund verspeist, selber als Hund und darf an die Händler aus dem chinesischen Kanton oder aus Korea verkauft werden. Wer in Singapur eine einmal erstattete Anzeige bei der Polizeibehörde zurückzieht, wird wegen des angezeigten Vergehens selber bestraft. In Burkina Faso haben das volle Wahlrecht nur Männer, die mindestens zehn Kamele besitzen. Für jedes Kamel haben sie eine Stimme. Die Kamele selbst dürfen nicht wählen. Ausländer, die in Italien eine Straftat begehen, werden in ihr Heimatland abgeschoben, da die italienischen Gefängnisse ausschließlich für die einheimische Bevölkerung da sind. In China dürfen Mädchen bis zum vollendeten siebzehnten Lebensjahr abgetrieben werden. Kühe gelten in Indien als Personen. In Tansania muss ein Knabe, um zum Manne zu werden, über fünfzehn Rinder laufen, ohne den Boden zu berühren, über sieben Bäume springen und mit seiner bloßen Stirn einen übermannsgroßen Felsblock zertrümmern. Als Mann hat er dann das Recht, eine Frau zu nehmen und sein Leben lang nichts mehr zu tun. Im Rechtsstaat westlicher Prägung sind alle Verbrechen als straffrei zu erachten, die nicht ausdrücklich vom Gesetz verboten sind.
PETER KÖHLER