: Tod einer Symbolfigur der spanischen Linken
NACHRUF Marcelino Camacho, Gründer und Chef der Arbeiterkommissionen, stirbt mit 92 Jahren
MADRID taz | Spaniens Gewerkschaftsbewegung hat ihre Leitfigur verloren. Marcelino Camacho verstarb im Alter von 92 Jahren in der Nacht auf Freitag nach langer Krankheit in Madrid.
Der Sohn eines Bahnarbeiters wird 1918 in der zentralspanischen Provinz Soria geboren. Er ist noch keine 18 Jahre alt, als der Spanische Bürgerkrieg sein Leben für immer verändert: Der Jungkommunist schließt sich den Milizen zur Verteidigung der Republik an. Nach dem Sieg der faschistischen Franco-Truppen wird er zu 12 Jahren Haft verurteilt. 1943 gelingt ihm die Flucht nach Algerien. Die Kolonialmacht Frankreich gewährt ihm politisches Asyl. 1957 kehrt er nach einer Amnestie mit seiner Frau Josefina Samper und seinen beiden Kindern ins faschistische Spanien zurück, wo er in Madrid als Fräser in einer Motorenfabrik zu arbeiten beginnt.
Seine Kollegen wählen Camacho bei den Betriebsratswahlen, die Ende 1957 unter Aufsicht der franquistischen Einheitsgewerkschaft stattfinden, fast einstimmig zu ihrem Vertreter. Die Idee zur Neuorganisierung der von Franco zerschlagenen Arbeiterbewegung wird geboren. In immer mehr Fabriken kandidieren Kommunisten und Basischristen, vernetzen sich illegal unter dem Namen Arbeiterkommissionen (CCOO) und rufen zu Kundgebungen und Streiks auf.
Das Regime wird nervös. Zwischen 1963 und 1977 werden 9.000 Gewerkschafter inhaftiert. Camacho wird mit weiteren neun führenden CCOO-Kollegen in einem Schauprozess zu 6 Jahren Haft verurteilt. Im Mai 1976 werden sie begnadigt. Bis 1987 steht Camacho der nun legalen CCOO vor. Bei den ersten freien Wahlen 1977 zieht er für die Kommunistische Partei Spaniens (PCE) ins Parlament ein.
Camacho versteht es, seine CCOO in die neue Zeit zu führen. Er sucht erfolgreich die Aktionseinheit mit der wiedererstarkten sozialistischen UGT. „Was wir soziopolitische Gewerkschaft nennen, geht über das sozialdemokratische Konzept hinaus, das nur die Lebensverhältnisse verbessern, aber ansonsten alles beim Alten belassen will. Unser Ziel ist der Sozialismus“, erklärte Camacho unermüdlich.
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