Mehr Morde ohne Leichen

Dass sich jemand als Mörder verantworten muss, ohne dass das mutmaßliche Opfer aufgefunden wird, ist in der Justiz kein seltener Fall. So wurde 2003 der Ratzeburger Geschäftsmann Hartmut C. vom Lübecker Landgericht wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Gericht hatte es als erwiesen angesehen, dass er am 6. Januar 1999 seine seither spurlos verschwundene Ehefrau Monika getötet und ihre Leiche versteckt hatte. Vermutetes Motiv: Die reiche Geschäftsfrau wollte sich scheiden lassen. Und Hartmut C., unterstellte das Gericht, wollte sich ihr Vermögen sichern. Der 58-Jährige hatte immer wieder seine Unschuld beteuert und von einem Komplott der Familie seiner Frau gegen ihn gesprochen. Eine Woche nach Rechtskraft seiner Verurteilung beging er Selbstmord in seiner Zelle.

Anfang der 70er Jahre hatte das Landgericht Lübeck schon einmal über ein Gewaltverbrechen ohne Spuren des Opfers zu entscheiden. Es verurteilte einen Mann zu lebenslanger Haft, dessen vier Freundinnen vor der versprochenen Hochzeit ebenso verschwunden waren wie ihr Geld.

Noch ungeklärt ist, was den Eltern von Hauke B. geschah: Der 47-Jährige sitzt seit zwei Jahren in Untersuchungshaft, seit März muss er sich vor dem Landgericht Verden verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, Vater und Mutter umgebracht zu haben. Die beiden waren am 22. August 2004 zuletzt gesehen worden. Zeugen zufolge hatten sie sich an jenem Abend auf der Terrasse ihres Hauses in Bassum, Kreis Diepholz, mit zwei Unbekannten gestritten. Danach verschwanden sie. Großeinsätze mit Polizeitauchern in Cuxhaven und Suchaktionen in Schweden förderten weder den Schmuck der Mutter noch das Auto des Rentnerpaares zutage.

Hauke B. verbüßte damals eine Freiheitsstrafe wegen Betruges – und war verspätet vom Hafturlaub zurück gekehrt. Als Tatmotiv vermutet die Staatsanwaltschaft Rache und Habgier: Die Eltern hatten die Übertragung von drei Mehrfamilienhäusern in Stade an den Sohn rückgängig gemacht. Dagegen habe er sich überhaupt nicht gewehrt, beteuert B. seine Unschuld. Die Anklageschrift sei nichts als ein „Grimm’sches Märchenbuch“. Schwer belastet wird er von seiner Schwester, die als Nebenklägerin auftritt.

Im Jahr 2002 bestätigte indes der Bundesgerichtshof den Freispruch eines Mannes aus dem sächsischen Jonsdorf, dem der Mord an seiner Ehefrau Sonnhild vorgeworfen worden war. Die Frau wurde seit Mai 1992 nicht mehr gesehen. Letztlich konnte das Gericht aber nicht ausschließen, dass sie noch lebt oder sich wegen der Eheprobleme selbst das Leben genommen hat. EE