KASSENVERBÄNDE: DIE CHEFS MÜSSEN AUCH SICH SELBST EINSPAREN : Fusion ist die bessere Lösung
Sieben auf einen Streich – so will Ulla Schmidt die Strukturen der Krankenkassen vereinfachen. Die Gesundheitsministerin und die Reformer der großen Koalition planen, die sieben Spitzenverbände der Krankenkassen abzuschaffen und an ihrer Stelle einen Dachverband zu gründen. Das ist ein kleiner, sinnvoller Schritt, um das Gesundheitssystem transparenter zu machen.
Die unterschiedlichen Verbände sind Überbleibsel aus einer Zeit, als Arbeiter noch bei ihrer AOK, Handwerker bei einer Innungs- und Bürobedienstete bei der Angestelltenkrankenkasse versichert waren. Die Arbeitswelt hat sich seit Einführung der gesetzlichen Krankenversicherung vor über 120 Jahren vollkommen verändert; klare Zuordnungen, wer wohin gehört, sind längst überholt. Entsprechend gilt seit 1996 das Prinzip der freien Kassenwahl: Fast jeder darf fast überall hinein. Die jüngste Gesundheitsreform egalisiert die Unterschiede zwischen den Kassenarten weiter: Künftig soll auch für diese Einrichtungen freie Partnerwahl gelten. So kann sich etwa eine Angestellten- mit einer Innungskrankenkasse zusammentun. Es gibt also keinen Grund, die nach Kassenarten getrennten Verbände weiter existieren zu lassen, auch wenn sie zu ihrer Existenzberechtigung angeben, spezifische Interessen zu vertreten.
Die Besorgnis der 1.700 Verbandsangestellten um ihre Arbeitsplätze ist ernst zu nehmen – aber Gesundheitspolitik sollte Gesundheits- und nicht Arbeitsmarktpolitik verfolgen, zumal wenn Effizienzgewinne für die Allgemeinheit möglich werden. Einige Verbandsangestellte werden sich andere Aufgaben suchen müssen – zuvörderst sieben Vorstände samt Mitarbeiterstab. Zu befürchten ist allerdings, dass diese sich auch vor allen anderen mit neuen Jobs versorgen.
Über die teure Bürokratie sollte allerdings nicht zu sehr gejammert werden. Die 350 Millionen Euro, die pro Jahr gespart werden könnten, entsprechen nicht einmal 0,1 Prozent der jährlichen Ausgaben im Gesundheitswesen. Außerdem wird an diesen Zahlen deutlich: So kommt noch keine kostensenkende Reform in Gang. ANNA LEHMANN