Kritik am Emissionshandel
Bundesminister Gabriel legt Gesetz vor. Umwelthilfe: „Lizenz zur Emissionssteigerung“
BERLIN taz ■ Umweltorganisationen und Opposition im Bundestag kritisieren das Gesetz zum Emissionshandel in den Jahren 2008 bis 2012, das Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) jetzt vorgelegt hat. Der Entwurf beinhalte eine „Lizenz zur Emissionssteigerung“, sagte Rainer Baake, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, gegenüber der taz.
Den Gesetzesentwurf, der der taz vorliegt, hat Umweltminister Gabriel zur Ressortabstimmung an seine Kabinettskollegen geschickt. Am Mittwoch fand die erste Beratung unter anderem mit dem Wirtschaftsministerium statt. Beim Emissionshandel teilt der Staat den Erzeugern von klimaschädlichem Kohlendioxid eine bestimmte Menge kostenloser Verschmutzungsrechte (Zertifikate) zu. Überschreiten Unternehmen diese Menge, müssen sie Zertifikate hinzukaufen, was als ökonomischer Anreiz zum Klimaschutz wirken soll.
Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert, dass das vorliegende Gesetz des Bundesumweltministeriums keinen Anreiz zum verstärkten Klimaschutz gebe. Denn die der Wirtschaft zugewiesene Kohlendioxidmenge liege deutlich oberhalb des Niveaus, das bereits erreicht worden sei.
Die Umwelthilfe fordert das Umweltministerium deshalb auf, die Obergrenze der Verschmutzungsrechte zu reduzieren, nicht verwendete Zertifikate einzuziehen und zehn Prozent der Zertifikate zu versteigern. Auch die Grünen im Bundestag plädieren für eine Versteigerung. „Dazu fehlte aber der klimapolitische Mut“, sagt Umweltpolitikerin Bärbel Höhn. Die Grünen interpretieren das Gesetz „als Einknicken vor der Industrielobby“.
Im Gegensatz zur geplanten kostenlosen Verteilung der Verschmutzungsrechte würde eine Versteigerung den Unternehmen zusätzliche Kosten verursachen. Um Streit mit der Industrie aus dem Weg zu gehen, hat Gabriel auf die Versteigerung verzichtet. Erst nach 2012 soll sie möglich sein. Der Gesetzentwurf sieht in Paragraf 14 vor, dass die Unternehmen aus der kostenlosen Verteilung bis 2012 keine Ansprüche für die Zukunft ableiten können. Man wolle alle Optionen offen halten, heißt es im Umweltministerium.
Der vorliegende Gesetzentwurf bezieht sich allein auf die zweite Handelsperiode des Emissionshandels, die von 2008 bis 2012 dauert. Für die Zeit danach muss später neu entschieden werden. HANNES KOCH